"Die Tafeln sind ein Seismograph für gesellschaftliche Veränderungen", sagte Sabine Werth, die vor 30 Jahren in Berlin die erste Tafel Deutschlands gründete und seitdem dort den Vorsitz der Tafel innehat. Bei ihrem Bundestreffen vom 6. bis zum 8. Juli in Mannheim wählen die Delegierten der Tafeln einen neuen Vorstand. Verbandschef Jochen Brühl tritt nicht mehr an.
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine und den Preissteigerungen erleben die sozialen Institutionen einen regelrechten Run: 40 Prozent der Tafeln verzeichnen nach einer Umfrage aus dem Jahr 2022 rund 50 Prozent mehr Kunden, jede Fünfte sogar bis zu 100 Prozent. Darunter sind immer mehr Kunden aus dem Mittelstand, die durch Corona ihren Job verloren haben, in Kurzarbeit sind oder ihre Selbstständigkeit aufgeben mussten, wie Werth beobachtet hat.
Angesichts eines fast 70-prozentigen Rückgangs der von ehrenamtlichen Helfern abgeholten Waren rückt deren Verteilung in den Fokus. Dafür haben das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und Tafel Deutschland eine digitale Plattform entwickelt.
Ziel ist es, die derzeit jährlich etwa 237 000 Tonnen eingesammelten Lebensmittel gezielter an den Mann und die Frau zu bringen. "Bisher können einige Ausgabestellen den Konsumbedarf ihrer Kunden nicht decken, während die verfügbaren Spenden in anderen Ausgabestellen den Konsumbedarf übersteigen", erklärt Thilo Klein vom ZEW.
Die Plattform stellt alle Spendenströme in Echtzeit und zentral bereit. Der Bedarf der Ausgabestellen wird über einen Verteil-Algorithmus ermittelt. 44 Tafeln wenden laut ZEW diese digitale Lösung schon an, 75 bereiten sich darauf vor.
dp/af