Der Zustrom von Demonstrierenden in Berlin war so groß, dass die Polizei zeitweise den Kundgebungsort vor dem Reichstagsgebäude für neu ankommende Teilnehmer sperren musste. Um die große Zahl der Menschen zu fassen, wurden mehrere Ausweichflächen in der Innenstadt geöffnet.
Hunderte Menschen nahmen sich bei der Hand und bildeten eine Menschenkette vor dem Reichstagsgebäude, um dieses symbolisch vor Angriffen von Rechts zu schützen. Die Demonstrantinnen und Demonstranten in Tiergarten und Regierungsviertel skandierten bei Nieselregen "Alle zusammen gegen den Faschismus" und "Ganz Berlin stoppt die AfD". Auf Plakaten waren Parolen zu lesen wie "Kein Raum für Rassismus". Viele der Sprechchöre und Plakate richteten sich gezielt gegen die AfD und deren Vertreter.
Zu der Kundgebung hatte ein breites Bündnis von hunderten Verbänden, Initiativen und Institutionen aufgerufen. Die Veranstaltung richtete sich gegen Rechtsextremismus, aufgerufen wurde "zur Verteidigung einer offenen und demokratischen Gesellschaft".
Politische Parteien zählten nicht zu den Organisatoren, allerdings nahmen viele Politikerinnen und Politiker an der Kundgebung teil. SPD-Chefin Saskia Esken und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigten sich gemeinsam mit einem Plakat mit der Aufschrift: "Nazis die rote Karte zeigen". Grünen-Chefin Ricarda Lang und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) waren zu sehen mit einem Plakat mit der Parole "Lieber solidarisch statt solide arisch".
Die Berliner Polizei war nach eigenen Angaben mit 700 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Der U-Bahnhof Bundestag wurde vorübergehend geschlossen, an anderen U- und S-Bahnhöfen in der Innenstadt herrschte großer Andrang, die Bahnen waren zum Teil völlig überfüllt.
Bundesweit fanden mehr als hundert Kundgebungen statt. Die Zahl der Teilnehmer belief sich nach Angaben der jeweiligen Polizeidienststellen am Samstag auf 30.000 in Freiburg, 25.000 in Nürnberg, 24.000 in Augsburg und 10.000 in Saarbrücken. Am Sonntag gingen in Bremen rund 16.500 Menschen auf die Straße, größere Kundgebungen waren auch in Lübeck und Magdeburg geplant.
Auch in Kleinstädten wurde demonstriert. Im thüringischen Greiz etwa versuchten Nazis eine Kundgebung von rund 800 Menschen zu stören, wie Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der selbst vor Ort war, auf X schrieb. Die Störer seien aber "heftig in der Unterzahl" gewesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach auf X von einem "starken Zeichen für die Demokratie und unser Grundgesetz". Weiter schrieb er: "Ob in Eisenach, Homburg oder Berlin: In kleinen und großen Städten im ganzen Land kommen viele Bürgerinnen und Bürger zusammen, um gegen das Vergessen, gegen Hass und Hetze zu demonstrieren."
CSU-Chef Markus Söder bezeichnete die AfD gegenüber der "Rheinischen Post" als "zutiefst rechtsextreme Partei". Er fügte hinzu: "Es schüttelt mich jedes Mal regelrecht, wenn ich diese hasserfüllten Reden höre." Grünen-Chefin Lang schrieb auf X: "Die AfD lebt von der Mär, dass sie eine schweigende Mehrheit vertritt. Doch jetzt steht die Mehrheit auf."
Die AfD interpretierte das Kundgebungsgeschehen anders. Sie sprach auf X von einer "durchsichtigen Hetzkampagne gegen Deutschlands einzige wirkliche Oppositionspartei". Parteichef Tino Chrupalla wertete die Proteste im Deutschlandfunk als Ablenkungsmanöver der Regierung. Die Menschen dürften sich "nicht missbrauchen lassen" von staatlichen Institutionen.
Zu dem Aktionsbündnis "Gemeinsam Hand in Hand" gehören unter anderem Sozial- und Umweltverbände, Gewerkschaften, migrantische Initiativen, Menschenrechtsorganisationen und kirchliche Einrichtungen. Die Veranstalter zeigten sich zufrieden mit der großen Mobilisierung. "Die Proteste haben die AfD ordentlich in die Defensive gebracht", sagte Christoph Bautz, Geschäftsführer des Kampagnennetzwerks Campact, der Nachrichtenagentur AFP. "Jetzt bricht die AfD schon in den Wahlumfragen ein."