In dem Prozess, der im Mai dieses Jahres begann und nach sieben Wochen endete, warf Harry den britischen Zeitungen "The Mirror", dem "Sunday Mirror" und "Sunday People" vor, sich für Storys über ihn, in sein Telefon gehackt, Sprachnachrichten abgehört und ihn beschattet zu haben. Er war am Freitag nicht anwesend, hatte jedoch Anfang Juni selbst an zwei Tagen im Zeugenstand gesessen als erster Royal seit 130 Jahren. MGN hatte die Vorwürfe weitgehend bestritten und argumentiert, die Berichterstattung sei auf Grundlage legal beschaffter Informationen erfolgt.
Richter Fancourt kam nun jedoch zu einem anderen Schluss: Es habe "umfangreiche" Telefonhackerangriffe gegeben, allerdings in geringeren Umfang als von Harry behauptet. 15 der 33 Artikel, die im Rahmen der Klage des Prinzen Harry verhandelt wurden, seien das Ergebnis von Telefon-Hacking oder anderen rechtswidrigen Informationsbeschaffungen gewesen. Darunter war auch ein Artikel aus dem Jahr 2002 mit dem Titel "Harry nahm Drogen", in dem es darum ging, dass der Prinz mit Freunden in einem Pub Haschisch geraucht haben soll.
Der Richter bezeichnete überdies die Aussage eines früheren "Mirror"-Journalisten, der als Zeuge aussagte, als "überzeugend". Demnach soll der Ex-Chefredakteur des "Daily Mirror", Piers Morgan, einer der schärfsten Kritiker der Sussexes, über die Hacking-Praktiken Bescheid gewusst haben. Dessen Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Morgan sagte, es gebe "keine Beweise" dafür, dass er jemals ein Telefon gehackt oder jemand anderen dazu aufgefordert habe. Harrys wahre Mission sei es, "die britische Monarchie zu zerstören".
Harrys Anwalt David Sherborne verlas nach der Urteilsverkündung eine Stellungnahme im Namen des Royals. Er sei "glücklich", den Fall gewonnen zu haben, und wies auf die illegalen Praktiken, gefolgt von Vertuschung und Vernichtung von Beweisen hin. Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass Vorstandsmitglieder, leitende Angestellte, die Rechtsabteilung und Redakteure von den Aktivitäten wussten oder daran beteiligt waren und sogar unter Eid gelogen hätten.
Er hoffe, dass dies eine Warnung für Organisationen sei, die ähnliche Praktiken angewandt hätten, sagte Sherborne im Namen von Harry nach der Urteilsverkündung. Schließlich war die Klage gegen MGN nur eine von mehreren, die der 39-Jährige angestrengt hat. In zwei weiteren Fällen, in welchen die Eigentümer von "The Sun" und "Daily Mail" involviert sind, laufen die Verfahren noch. Der Rechtsexperte Jonathan Coad betonte, dass die Unternehmen nicht ausreichend kontrolliert würden.
Der Herausgeber des "Daily Mirror" entschuldigte sich am Freitagmittag für das "historische Fehlverhalten". Ein MGN-Sprecher sagte, dass das Urteil die nötige Klarheit gebe, um Ereignisse, die vor vielen Jahren stattgefunden hätten, nun hinter sich zu lassen. Dass das Unternehmen die Sache schnell abhaken kann, bezweifelt Steve Barnett von der Organisation "Hacked Off", die die Presse für illegale Praktiken zur Verantwortung ziehen will, jedoch. Er glaubt, dass die Polizei nun möglicherweise jeden zur Rechenschaft ziehen wird, der unter Eid gelogen hat.
Mit seiner Klage gegen die "Mirror Group" hat Harry einen unbequemen Kreuzzug gegen die britischen Boulevardblätter begonnen, die er unter anderem für den Tod seiner Mutter und sein angespanntes Verhältnis zu seiner Familie verantwortlich macht. Der Royal war in diesem Fall zwar der bekannteste, aber nicht der einzige Kläger.
Da ein Gerichtsverfahren oft kostspielig und unberechenbar ist, haben die meisten Royals und Prominenten bisher auf eine Klage verzichtet. Stattdessen ließen sie sich von den Medienunternehmen auszahlen. Schätzungen zufolge hat Rupert Murdochs "News Group Newspapers" (NGN) umgerechnet rund 1,4 Milliarden Euro an Klägerinnen und Kläger überwiesen, um sie aus dem Zeugenstand fernzuhalten.
Der Umgang der königlichen Familie mit Medien und Gerichten basierte zudem jahrelang auf dem Mantra "never complain, never explain", "beschwere dich nicht, erkläre dich nicht". Die Beziehungen zur Presse sollten gepflegt und die Mitglieder der königlichen Familie von Gerichtsverhandlungen ferngehalten werden. Doch Prinz Harry wollte sich den Anwälten stellen. Damit hatte er nun einen ersten Erfolg.
Prinz Harry und Herzogin Meghan hatten Großbritannien im Januar 2020 endgültig den Rücken gekehrt, um mit ihren Kindern Archie und Lilibet in Kalifornien ein neues Leben zu beginnen. Nach dem Bruch mit dem Königshaus aufgrund schwerer Vorwürfe gegen den Palast hatte unter anderem die Veröffentlichung von Harrys Memoiren mit dem Titel "Spare" ("Reserve") die Kluft zwischen ihnen und dem Rest der Royals weiter vertieft.