Nach Angaben der Bundespolizei hat der Bewaffnete mit seinem Fahrzeug gegen 20 Uhr am Samstag ein Tor durchbrochen und ist auf das Vorfeld des Airports gefahren. Der Mann habe eine Waffe und damit bereits zwei Mal in die Luft geschossen. Außerdem habe er zwei brennende Flaschen aus dem Auto geworfen, "eine Art Molotowcocktails", sagte Thomas Gerbert, Sprecher der Bundespolizei.
Es sei kein Schaden entstanden, die Flughafenfeuerwehr habe die Flaschen löschen können. Der Mann stoppte unter einer Maschine von Turkish Airlines, die sofort evakuiert wurde. Die Passagiere aus den evakuierten Maschinen wurden in ein nahe gelegenes Hotel gebracht. Insgesamt seien durch die Flugausfälle rund 3200 Passagiere betroffen.
Anfangs hatte die Polizei zeitweise von mindestens einem Kind gesprochen. Inzwischen habe die Mutter gegenüber der Polizei bestätigt, dass nur ein vier Jahre altes Kind mit im Auto ist – so eine Polizeisprecherin. Zuvor hatte sich die Ehefrau des Mannes wegen möglicher Kindesentziehung bei der Landespolizei gemeldet, wie die Polizei weiter sagte. Die Polizei Hamburg betonte: "Es handelt sich hier um keine Amok-Situation, sondern um eine Geisellage."
Die Polizei steht nach eigenen Angaben seit Samstagabend im Kontakt zu dem Bewaffneten auf dem Hamburger Flughafen. "Wir haben eben guten Kontakt zu dem Täter bekommen", sagte eine Polizeisprecherin. Am Sonntagmorgen bestätigte die Polizei, dass mit dem Mann weiter verhandelt werde. Mit dem Mann werde auf Türkisch verhandelt. Der Mann sei vermutlich 35 Jahre alt. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei und Polizeipsychologe seien vor Ort. Die Verhandlungen liefen auch am frühen Sonntagmorgen weiter.
Bisher gibt es keine Berichte über Verletzte bei dem Vorfall – weder der Täter, das Kind, noch Zivilisten. Auch die Polizei erklärte am Samstagabend: "Uns ist im Moment nicht bekannt, dass jemand verletzt ist."Der Flugverkehr bleibt auch am Sonntag bis auf Weiteres eingestellt. Das schrieb der Hamburger Flughafen auf der Kurznachrichten Plattform "X", ehemals Twitter. Auch am Samstagabend war der Flugverkehr unterbrochen.
Hinter dem gewaltsamen Eindringen auf das Vorfeld vermutet die Polizei einen Sorgerechtsstreit. Die Ehefrau des Mannes, die sich in Stade bei Hamburg aufgehalten haben soll, hatte sich zuvor wegen möglicher Kindesentziehung bei der Landespolizei gemeldet, wie der Sprecher der Bundespolizei sagte. "Wir gehen derzeit davon aus, dass ein Sorgerechtsstreit Hintergrund des Einsatzes ist", twitterte die Hamburger Polizei kurz vor Mitternacht.
Man gehe davon aus, dass der Vater der Mutter das Kind "weggenommen" und möglicherweise unter Gewalteinwirkung ins Auto gesetzt habe, bevor er nach Hamburg und dort auf das Rollfeld des Flughafens fuhr, sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage.
Der Flughafen Hamburg sieht trotz der Geiselnahme auf dem Vorfeld des Airports keine Versäumnisse bei der Sicherung des Geländes. "Die Sicherung des Geländes entspricht allen gesetzlichen Vorgaben und übertrifft diese größtenteils", sagte eine Flughafensprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Dennoch könne bei der Größe des Flughafens - sie entspreche fast 800 Fußballfeldern – nicht ausgeschlossen werden, "dass ein hochkrimineller, unbefugter Zutritt zum Sicherheitsbereich mit brachialer Gewalt erfolgen kann".
Die Sprecherin betonte: "Um die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten, sind neben baulichen Maßnahmen auch Alarmketten etabliert, die einwandfrei gegriffen haben." Der Flugbetrieb sei sofort nach dem unbefugten Zutritt eingestellt und der Täter lokalisiert worden. "Nähere Angaben zu sicherheitsrelevanten Details sind nicht möglich", erklärte die Sprecherin.
Nach Angaben der Flughafensprecherin hat die Analyse des Vorfalls mit den Aktivisten der "Letzten Generation" keine neuen Erkenntnisse gebracht. Diese hatten sich durch den Außenzaun geschnitten und waren dann mit Fahrrädern auf das Rollfeld gelangt. "Es liegen noch keine neuen Anforderungen für Einrichtungen der kritischen Infrastrukturen vor", sagte die Sprecherin. Derzeit teste der Flughafen neue Kamera- und Zaunsensorik-Systeme. "Zudem wurde die Bestreifung der Zaunanlage durch Sicherheitskräfte nachhaltig erhöht."