Ähnlich äußerte sich auch der aus NRW stammende Abgeordnete Daniel Freund. "Von der Leyen wurde von den Regierungschefs zur Kommissionspräsidentin gemacht. So soll es jetzt wieder laufen", sagte er. Mit ihrer Weigerung, für das Europaparlament zu kandidieren, schade von der Leyen der europäischen Demokratie. "Sie traut sich offenbar nicht, sich dem Votum der Wählerinnen und Wähler zu stellen", fügte Freund hinzu. "Zu kandidieren, ohne wählbar zu sein, führt das Spitzenkandidatenprinzip ad absurdum."
Von der Leyen war kurz zuvor vom CDU-Vorstand als Spitzenkandidatin der europäischen Parteienfamilie EVP für den künftigen Kommissionsvorsitz vorgeschlagen worden. Der Posten muss nach den Europawahlen im Juni neu besetzt werden. Ernannt wird in der Regel ein Kandidat der europäischen Parteienfamilie, die bei der Europawahl am besten abschneidet. In Umfragen liegt die EVP bislang klar vorn. Die Chancen sind deswegen groß, dass von der Leyen Präsidentin bleiben kann.
Von der Leyen war bereits 2019 Kommissionspräsidentin geworden, ohne zuvor bei den Europawahlen angetreten zu sein. Damals war sie allerdings nicht einmal Spitzenkandidatin der EVP für den Kommissionsvorsitz gewesen. Diese Position hatte damals der CSU-Politiker Manfred Weber. Ihm gelang es letztlich aber nicht, bei den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat eine Mehrheit für seine Wahl hinter sich zu vereinen. Letztere nominierten dann von der Leyen.
Dass der Spitzenkandidat einer Parteienfamilie für den Kommissionsvorsitz auch bei den Europawahlen kandidieren muss, ist nirgendwo festgeschrieben. Auch von der Leyens Vorgänger Jean-Claude Juncker war 2014 nur Spitzenkandidat für den Kommissionsposten und nicht Kandidat bei den Europawahlen.