Die Züricher Firma teilte mit: "Dieser Schritt ermöglicht es dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit dem Sachwalter das Geschäft eigenverantwortlich und unabhängig von den Insolvenzen der restlichen Signa-Gruppe geordnet und transparent abzuwickeln." Es gehe darum, die Vermögenswerte über die nächsten Monate zu veräußern. Gemeint sind die Kaufhäuser.
Nach vielen Umstrukturierungen und zwei Insolvenzverfahren sind von der ehemaligen Warenhauskette Kaufhof und Karstadt nur noch 92 Filialen mit rund 12.000 Beschäftigten übrig. Corinna Groß, Fachgruppenleiterin Handel bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, sagte: "Die immer neuen Hiobsbotschaften bei Signa sorgen bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe." Zuletzt habe es noch Lichtblicke gegeben: Verdi habe für die Beschäftigten Sonderzahlungen in Höhe von 500 Euro durchsetzen können.
Auch das Weihnachtsgeschäft sei gut angelaufen, so Groß, die sich jetzt nicht an Spekulationen beteiligen will: "Klar ist aber, dass ein Eigentümer, der Kompetenz in der Handelsbranche mitbringt, eine gute Lösung für uns und die Kolleginnen und Kollegen bei Galeria wäre."
Wie es in den nächsten Monaten weitergeht, ist schwer vorherzusagen, auch weil die Besitzverhältnisse unübersichtlich sind. Die deutschen Warenhäuser werden von der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH mit Sitz in Essen betrieben. Die Liegenschaften, in denen die Kaufhäuser Mieter sind, gehören aber zu verschiedenen Signa-Gesellschaften und teils auch anderen Investoren. Für die Fortführung der Geschäfte dürfte wichtig sein, was mit den vielfach relativ hohen Mietzahlungen geschieht. Es wird bereits über massive Nachlässe spekuliert.
Der Handelsexperte Gerrit Heinemann geht jedenfalls davon aus, dass die Gruppe das Weihnachtsgeschäft überstehen kann. Im Januar könne es aber ernst werden, auch weil von zugesicherten Zahlungen der Signa Holding über 200 Millionen Euro bislang nur ein kleiner Teil angekommen sei und nun kein Geld mehr fließen werde.
Heineman hat grundlegende Zweifel am Geschäftsmodell der Warenhäuser: "Es gibt keinen Grund, warum es jetzt die große Kehrtwende und Renaissance für Galeria geben sollte", sagte er. Bei Galeria sei "die unterkritische Unternehmensgröße" erreicht. Das Unternehmen sei auf Dauer nicht mehr lebensfähig, auch weil das permanente Downsizing für den Einkauf zu immer ungünstigeren Konditionen führt. Der Punkt ohne Wiederkehr sei längst überschritten.
Der Handelsexperte geht zwar davon aus, dass ein Restnukleus in den Metropolen erhalten werde. Allerdings betont er: "Immer wieder wird über die Magnetfunktion der Warenhäuser gesprochen – das hat sich längst erledigt." Dafür seien die Umsätze und die Kundenfrequenz bei Galeria viel zu gering. Jede Aldi-Filiale habe mittlerweile eine höhere Frequenz als ein durchschnittliches Warenhaus.
Heinemann appelliert an die Kommunen, mögliche Schließungen auch als eine Chance für die Innenstädte zu sehen: "Warenhäuser sind hässliche Betonklötze und inzwischen nichts weiter als von Mietpreisen getriebene Anlageobjekte." Was aber nicht funktioniere, sei eine Handelsnachnutzung. Es müssten Alternativen gefunden werden. So könnten auch Mixed-Use-Konzepte umgesetzt werden – beispielsweise mit Hotel, Kita und Pflegeeinrichtungen. Es gehe darum, die Innenstadt wieder zu beleben.
Der Städte- und Gemeindebund pocht indes darauf, die Standorte zu erhalten. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sprach angesichts des Insolvenzverfahrens der Signa Holding von einer "schlechten Nachricht" für die Galeria-Kaufhausstandorte. "Ob und inwieweit ein Sanierungsverfahren zum Erfolg führt, ist derzeit völlig offen", sagte er. "Damit droht über 90 Galeria-Standorten, die eigentlich langfristig fortgeführt werden sollten, das Aus und damit den betroffenen Kommunen eine weitere Zuspitzung der Lage." Leerstände hätten ohnehin schon zugenommen.
Um Innenstädte weiter attraktiv und lebenswert zu halten, sei nun wichtig, die Schließung der verbliebenen Standorte durch einen klaren Sanierungsfahrplan abzuwenden. "Galeria-Kaufhäuser sind in vielen Fußgängerzonen weiterhin wichtige Ankerpunkte", glaubt Landsberg. Allerdings betont er auch: Unprofitable Standorte könnten nicht wieder und wieder mit Steuergeldern gerettet werden.
Sollte ein Kaufhaus nicht gerettet werden können, müssten in enger Abstimmung mit den Städten und den Immobilieneigentümern attraktive Nachnutzungskonzepte entwickelt werden, findet Landsberg. Und fordert: "Immissionsschutz und Bauordnungsrecht dürfen hier nicht zu einer Blockade führen."
Zudem müssten Städte und Gemeinden die Möglichkeit erhalten, Einzelhandelsimmobilien im Einzelfall auch zwischenzunutzen oder selbst zu erwerben. Hierzu sei eine Unterstützung von Bund und Ländern erforderlich, beispielsweise durch einen Innenstadtfonds. Noch am Donnerstag fiel ein weiterer Stein des Benko-Imperiums: Auch der zur Signa Holding gehörende Sportartikelhändler SportScheck stellte Insolvenzantrag. Das teilte das Unternehmen mit.