Zuvor war bekanntgeworden, dass die Bahn, die die Strompreisbremse in Anspruch genommen hatten, ihre zurückgehaltenen Boni auszahlen kann. Bisher galt wegen der staatlichen Hilfe ein Boni-Verbot. Bahn-Chef Richard Lutz etwa wird laut Geschäftsbericht für 2022 einen Bonus von mehr als 1,26 Millionen Euro erhalten. Der Bahn-Aufsichtsrat hat inzwischen ein neues Vergütungssystem beschlossen.
Im Tarifstreit zwischen GDL und Bahn war schon in den vergangenen Wochen kein Lösungsweg in Sicht. Nach den Weihnachtsferien könnte es erneut zu Arbeitsniederlegungen kommen. Weselsky kritisiert das Management immer wieder und sagte etwa im November: "Nieten in Nadelstreifen, mit Millionengehältern, sitzen im Bahntower, machen sich einen Fetten und haben keine Ahnung, wie man eine Eisenbahn organisiert."
Der "Südkurier" schreibt zum Bahn-Boni: "Eines muss man der Bahn ja lassen: die Kreativität, die der Konzern beim Schönreden und Verschleiern eigener Fehler an den Tag legt, ist bemerkenswert. Trotz unzufriedener Kunden und noch mehr Verspätungen sieht sich der Vorstand auf einem guten Weg, weil etwa der Frauenanteil in Führungspositionen gesteigert und die Klimaziele gerade so erreicht wurden. Und begründet werden die Boni für die Vorstandsmitglieder mit akrobatischen Rechenübungen, die jede persönliche Verantwortung vermissen lassen. Es stimmt, dass etwa bei den großen Autobauern ein Vielfaches an Vergütungen gezahlt werden, auch dort mit oft abenteuerlichen Begründungen. Doch für einen Staatskonzern, der immer wieder mit Milliarden an Steuergeldern bezuschusst wird, sollten andere Maßstäbe gelten. Die Deutsche Bahn wird für die Wende hin zum klimafreundlichen Verkehr gebraucht, trotz all ihrer Fehler. So leicht wie dieser Tage sollte sie es ihren Gegnern in Zukunft aber nicht mehr machen."
"Frankfurter Rundschau" zu Boni bei der Deutschen Bahn: "Dass Bahnchef Richard Lutz für 2022 nachträglich 1,3 Millionen Euro bekommt, war bekannt. Dass unpünktliche Züge und Kundenzufriedenheit dem nichts anhaben konnten, ist neu: Den Löwenanteil seiner Boni bekommt Lutz dafür, dass der Konzern die CO2-Einsparung, Mitarbeiterzufriedenheit und den Anteil weiblicher Führungskräfte erfüllt oder übererfüllt hat. Lokführer-Gewerkschaftsboss Claus Weselsky kritisiert das Boni-Unwesen schon seit Jahren - die Rechentricks geben Lutz' Endgegner im Tarifkonflikt neue rhetorische Munition. Für Fahrgäste, die frierend am Gleis auf ihren verspäteten Zug warten, sind solche Rechenspiele nichts als Hohn. Der Vorstand muss sich darum kümmern, dass der Betrieb funktioniert und das Netz modernisiert wird. Das sind die einzigen Variablen, um die es gehen dürfte. Und genau diese Werte hat die Bahn 2022 komplett gerissen. Immerhin gilt für die Zukunft ein neues Vergütungsmodell: höhere Festbeträge, jedoch auch Kürzungen, wenn Ziele verfehlt werden."