Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Verteidigungspolitik der EU in den Vordergrund gerückt. Während Deutschland auf NATO-Projekte setzt, favorisiert Frankreich eine stärkere Unabhängigkeit durch die Förderung der europäischen Rüstungsindustrie mit EU-Mitteln. Die Wahl des nächsten US-Präsidenten könnte ebenfalls Einfluss auf die zukünftige Verteidigungspolitik der EU haben, insbesondere falls Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht und Zweifel an der NATO-Bündnistreue der USA aufkommen lässt.
Die russische Invasion in die Ukraine hat die Diskussion um eine EU-Erweiterung intensiviert. Eine vergrößerte EU wird als geopolitische Antwort auf Russlands Aggression gesehen und soll verhindern, dass Länder ohne EU-Beitrittsperspektive enger mit China oder Russland kooperieren. Besondere Aufmerksamkeit gilt den westlichen Balkanstaaten, der Ukraine und Moldau. Die Erweiterung ist jedoch kompliziert, da sie umfassende Anpassungen innerhalb der EU erfordert, wie zum Beispiel in der Agrarpolitik.
Der Green Deal, initiiert unter Ursula von der Leyen, zielt auf eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen ab. Bis 2030 sollen erneuerbare Energien 42,5% des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Die Umsetzung der Klimagesetze stellt jedoch eine Herausforderung dar, insbesondere nach Widerständen und Protesten aus der Landwirtschaft sowie Unsicherheiten bezüglich des geplanten Verbots von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab 2035.
Die EU steht vor der Herausforderung, ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und den USA zu verbessern. Das Handelsdefizit mit China und ein vergleichsweise geringeres Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den USA sind zentrale Sorgen. Regulierungen, Gewerkschaftseinflüsse, hohe Energiepreise und eine ambitionierte Klimapolitik werden als hinderlich für Produktivitätsfortschritte in Europa gesehen. Die EU prüft zudem Maßnahmen gegen unfaire Wettbewerbspraktiken, wie staatliche Subventionen chinesischer Autobauer.
Trotz der beschlossenen Asylreform wird Migration ein beherrschendes Thema bleiben. Die Umsetzung der neuen Regeln, insbesondere einheitliche Verfahren an den Außengrenzen und der Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Geflüchteten, stellt eine große Herausforderung dar. Es besteht Unsicherheit darüber, ob alle EU-Mitgliedstaaten, besonders Polen und Ungarn, bereit sind, diese Mechanismen mitzutragen und umzusetzen.
Die Europawahlen werden somit über den zukünftigen Kurs der EU in diesen entscheidenden Bereichen entscheiden und damit auch über die langfristige Stabilität und Prosperität des europäischen Projekts.