Das Bonner Landgericht hat den Architekten der Cum-Ex-Aktiendeals, Hanno Berger, zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der 72-Jährige sei wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig, entschied das Gericht am Dienstag (Aktenzeichen 62 KLs 2/20). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das mögliche Höchstmaß lag bei 15 Jahren, die Anklage hatte neun Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung hatte Fehlverhalten ihres Mandanten eingeräumt, dessen Ausmaß aber deutlich geringer gewesen sei als von der Staatsanwaltschaft dargestellt. Die Straftaten erstreckten sich über den Zeitraum 2007 bis 2011.
Berger ist der bekannteste Protagonist des Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof im Jahr 2021 als Straftat gewertet hat. Er beriet Banken, Fonds und Investoren bei der Konstruktion der Geschäfte und warb über sein Netzwerk vermögende Kunden ein. Dafür kassierte er Millionen. Früher war er Beamter in der hessischen Steuerverwaltung, später wechselte er die Seiten und stellte den Finanzakteuren profunde Kenntnisse des Steuerrechts zur Verfügung.
Ende 2012 setzte sich der Steuerexperte Berger in die Schweiz ab, wo er sich jahrelang der deutschen Justiz entziehen konnte. Erst im Februar 2022 wurde er an Deutschland ausgeliefert. Parallel zum Bonner Verfahren läuft vor dem Wiesbadener Landgericht noch ein anderer Strafprozess gegen ihn, wo ihm weitere Cum-Ex-Vergehen vorgeworfen werden.
Berger hat das Geschäftsmodell, bei dem Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag verschoben wurden und gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden, zwar nicht erfunden. Er gilt aber als Wegbereiter dafür, dass Cum-Ex in Deutschland im großen Stil betrieben werden konnte. Durch Cum-Ex büßte der deutsche Staat einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag ein.
"Hanno Berger war einer der zentralen Köpfe hinter den illegalen Cum-Ex-Geschäften" und "eine Art Spindoctor", sagte Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende in Berlin mit Blick auf die Bonner Gerichtsentscheidung. "Er sorgte dafür, dass Cum-Ex unter vermögenden Privatanlegern groß wurde."
Schick mahnte mehr Tempo bei der Aufarbeitung des Steuerskandals an. "Wir sind im Jahr elf nach der Unterbindung solcher Geschäfte, und trotz über 1500 Beschuldigter lassen sich die Angeklagten an wenigen Händen abzählen", kritisierte er. Die Cum-Ex-Aufklärung sei über Jahre im Schneckentempo verlaufen, "weil viele das Thema lieber unter den Teppich gekehrt haben".
Die Aufarbeitung des größten Steuerskandals der Bundesrepublik dürfte noch Jahre dauern. Um die Flut an absehbaren Prozessen bewältigen zu können, wird in Bonns Nachbarstadt Siegburg sogar ein neues Gebäude nur für künftige Cum-Ex-Prozesse gebaut. Das Gebäude soll 2024 fertig sein.
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