In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag sollen darin gebündelt werden. Durch mehr Übersichtlichkeit und mithilfe einer zentralen Plattform sollen auch viele Familien erreicht werden, die bisher wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden ihnen zustehende Gelder nicht abrufen, so der Plan der Ampel. Für das Jahr der Einführung 2025 sollen zunächst rund 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten veranschlagt werden.
Der CDU-Chef forderte, es dürfe "keine neuen Gesetze geben, die mehr Bürokratie schaffen". Die Kindergrundsicherung bei einem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl 2025 abzuschaffen zieht Merz in Erwägung. "Wir machen in jedem Fall das Heizungsgesetz dieser Bundesregierung rückgängig. Bei der Kindergrundsicherung schauen wir, was tatsächlich kommt", sagte er. Mehr Bildung für Kinder sei der richtige Weg, nicht mehr Transferleistungen für die Eltern. "Immer höhere soziale Transferleistungen lösen nicht das Problem, das überhaupt erst zu Kinderarmut führt, und das ist mangelnde Bildung."
Der Unionsfraktionschef forderte angesichts schlechter Wirtschaftsdaten auch eine Grundsatzdebatte über die Leistungsbereitschaft in Deutschland. "Wir müssen über die grundsätzliche Haltung in unserem Land reden: Sind wir noch bereit, uns für unseren Wohlstand und unsere Alterseinkommen anzustrengen?", sagte Merz und ergänzte: "Eines ist jedenfalls klar: Unser Wohlstand lässt sich nicht mit bedingungslosem Grundeinkommen und Viertagewoche bei vollem Gehalt aufrechterhalten."
Merz antwortete auf den Einwurf, ob er frage, ob die Deutschen faul geworden seien: "Das ist keine Frage der Faulheit." Deutschland habe eine schlechte Regierung, die Leistung bestrafe. "Wer den Eindruck bekommt, dass es keinen Unterschied macht, ob er mehr oder weniger arbeitet, wird sich weniger anstrengen." Das Ergebnis sei eine abnehmende Wirtschaftsleistung. "Wir müssen also mehr über Leistungsgerechtigkeit reden", verlangte er. "Uns geht es darum, dass diejenigen belohnt und nicht bestraft werden, die sich mehr anstrengen wollen." Deswegen schlage die CDU auch vor, Überstunden steuerfrei zu stellen.
Am vergangenen Montag habe der CDU-Vorstand bei seinen Beratungen in Berlin auch über den Sport gesprochen, sagte Merz. "Die Männer scheitern bei der Fußball-WM, die DFB-Frauen scheiden auch früh aus, und von der Leichtathletik-Weltmeisterschaft bringt Deutschland zum ersten Mal keine Medaille nach Hause. Für mich ist das symptomatisch", beklagte der CDU-Vorsitzende. Die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag kommt ab Donnerstag zu zweitägigen Beratungen in Schmallenberg im Sauerland zusammen. Geht es nach dem Willen der Fraktionsspitze, soll hinter verschlossenen Türen über Inhalte diskutiert werden. Die Debatte über den richtigen Kanzlerkandidaten der Union für die Bundestagswahl 2025 und den geeigneten Zeitpunkt, ihn zu bestimmen, soll keine Rolle spielen.
Am ersten Tag der Klausur in der Heimatregion von Merz sollen die Wirtschaftspolitik und Konzepte zur Verbesserung der schwierigen Lage des Wirtschaftsstandortes Deutschland im Zentrum stehen. Als Gast erwartet die Runde um Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den ehemaligen Bundesbank-Präsidenten und aktuellen Aufsichtsratschef der Commerzbank, Jens Weidmann. Am Freitag will die Fraktionsspitze ihre Klausur mit den Themen Außen- und Sicherheitspolitik abschließen.
Die CDU-Spitze um Merz hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei ihrer Sitzung eine gefährliche Fehleinschätzung der Wirtschaftslage vorgeworfen. Zwar stimme die Analyse, dass es einen Fachkräftemangel gebe, hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag nach Beratungen der Spitzengremien seiner Partei gesagt. "Aber daraus den Rückschluss zu ziehen, dass deshalb alles in Ordnung ist und wir nicht härteren Zeiten entgegentreten, ist hochgradig gefährlich." Wenn schon der Internationale Währungsfonds (IWF) sage, dass Deutschland unter allen großen Volkswirtschaften das schlechteste Wachstum habe, "zeigt das, dass wir nicht nur der kranke Mann Europas, sondern der Welt sind".
Es reiche nicht aus, Abschreibungsregeln zu verbessern, vielmehr brauche es ein Gesamtkonzept, forderte Linnemann. Im Mittelpunkt des Konzepts der Unionsfraktion zur Stärkung der Wirtschaft würden die Themen Inflationsbekämpfung, Energiepreise sowie Fachkräfte und der Abbau von Bürokratie stehen.
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