
Die Armee sowie auch Polizei und Spezialeinheiten seien innerhalb eines Tages "in volle Gefechtsbereitschaft" gebracht worden. Lukaschenko, der enger Verbündeter von Kremlchef Wladimir Putin ist, hatte in dem Konflikt mit dem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin am Samstag vermittelt. Prigoschin soll nach Darstellung des Kremls in Belarus Zuflucht finden. Lukaschenko räumte ein, dass alle Beteiligten die Gefahr der Eskalation des Konflikts anfangs falsch eingeschätzt hätten. Die Beteiligten hätten geglaubt, dass sich die Situation so lösen lasse. Daher seien weder er noch Putin oder Prigoschin als "Helden" zu bezeichnen. Zwei Menschen seien "aufeinandergeprallt", sagte er mit Blick auf Putin und Prigoschin. "In diesem Fall gibt es keine Helden", fügte Lukaschenko hinzu und kritisierte damit auch Kreml-Chef Putin.
In der Nacht zum Samstag hatte Prigoschin nach schweren Vorwürfen gegen das russische Verteidigungsministerium die südrussische Millionenstadt Rostow am Don besetzt und einige Einheiten seiner Truppe Richtung Moskau geschickt. Ihr praktisch ungehinderter Vormarsch stoppte erst gut 200 Kilometer vor Moskau, weil Prigoschin aufgab. Zuvor war Lukaschenko als Vermittler eingeschaltet worden. Putin dankte dem belarussischen Machthaber am Montagabend für dessen Vermittlung. Lukaschenko gab auch dem Westen die Schuld an der Eskalation der Lage: "Die Bedrohung durch einen neuen globalen Konflikt war noch nie so nah wie heute", sagte er. In der Region, auch nahe der belarussischen Grenzen, sei eine "neue Welle der Nato-Erweiterung und eine beispiellose Aufstockung der Kapazitäten der Bündnismitglieder" zu beobachten.
Nach dem Ende des bewaffneten Aufstands der Wagner-Söldnerarmee hat der Chef der russischen Nationalgarde, Viktor Solotow, Panzer und schwere Waffen mit großer Reichweite für seine Einheiten gefordert. Die Nationalgarde habe beides nicht, sagte Solotow am Dienstag in Moskau nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Über Artillerie und Kampfhubschrauber verfüge die Nationalgarde bereits. Die 2016 von Präsident Wladimir Putin gegründete Nationalgarde (Rosgwardija) ist dem Kremlchef direkt unterstellt. Alle ihre Kräfte seien während des Wagner-Aufstands an den Zufahrten zur russischen Hauptstadt konzentriert gewesen, sagte Solotow. Die aufständischen Kämpfer hätten zwar bis nach Moskau vordringen können, "aber sie hätten Moskau nicht eingenommen". Die Nationalgarde soll nach Schätzungen bis zu 200 000 Mann umfassen.
Zugleich warf Solotow westlichen Geheimdiensten vor, den Aufstand organisiert zu haben. "Natürlich wurde der Aufstand vorbereitet und inspiriert von westlichen Geheimdiensten, denn sie wussten, wie sie sagten, schon einige Wochen vorher davon", meinte der Vertraute Putins. Solotow versicherte dem Präsidenten die Loyalität der Nationalgarde. Sie sei bereit, jegliche "Provokationen und Versammlungen", die das Land bedrohten, zurückzuschlagen.
Das Strafverfahren gegen Prigoschin wurde eingestellt, obwohl Putin noch am Samstag die Bestrafung der Drahtzieher des Aufstandes angekündigt hatte. Kremlchef Wladimir Putin hat erstmals eingeräumt, dass die Wagner-Armee des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin vollkommen vom Staat finanziert wurde. "Wir haben diese Gruppe komplett finanziert", sagte Putin am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Soldaten. Putin hatte die Wagner-Leute am Samstag angesichts ihres inzwischen beendeten Aufstands als "Verräter" bezeichnet. Nach Darstellung Putins erhielt die Gruppe von Mai 2022 bis Mai 2023 insgesamt 86,26 Milliarden Rubel (rund 930 Millionen Euro) aus dem Staatshaushalt. Offiziell nennt sich die Wagner-Armee ein privates Militärunternehmen.
dp/pcl