Der Grund für den Rückruf sind sogenannte Thermofenster, die auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt wurden. Normalerweise wird ein Teil der Abgase direkt wieder im Motor verbrannt - zum Beispiel um weniger giftige Stickoxide auszustoßen. Je nach Außentemperatur wird dieser Mechanismus allerdings automatisch gedrosselt - um den Motor zu schützen, wie die Hersteller sagen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2022 in einem Urteil aber klargestellt, dass eine Software, die "einen überwiegenden Teil des Jahres" einen höheren Ausstoß von Schadstoffen zulasse, grundsätzlich unzulässig sei. Thermofenster zum Schutz des Motors seien nur dann rechtens, wenn keine andere Lösung Risiken abwenden könne.
Nach dem EuGH-Urteil habe das KBA seine Rechtsauffassung in diesem Zusammenhang weiterentwickelt und Mercedes-Benz nunmehr aufgefordert, die entsprechenden Kalibrierungen in der Motorsteuerung bestimmter Fahrzeugvarianten zu ändern, teilte eine Sprecherin des Autobauers mit. Und weiter: "Noch bis zu dem EuGH-Urteil haben die europäischen Typgenehmigungsbehörden entsprechende Temperatursteuerungen der Abgasrückführung generell für zulässig gehalten". Man kooperiere vollumfänglich mit dem KBA.
Mercedes muss sich seit Jahren mit Abgas-Vorwürfen auseinandersetzen. Das KBA hat seit 2018 bereits mehrere Rückruf-Bescheide wegen einer unzulässigen Abgastechnik gegen den Hersteller erlassen. Betroffen waren allein in der Bundesrepublik Hunderttausende Fahrzeuge. Seit Bekanntwerden des Skandals muss der Stuttgarter Autobauer auch immer wieder vor Gericht. In Deutschland klagten bislang mehr als 30 000 Verbraucherinnen und Verbraucher. Darüber hinaus wird seit September über eine Musterklage von Anlegern und Investoren verhandelt, die für entstandene Verluste Hunderte Millionen Euro Schadenersatz fordern.