Porticello, Sizilien – In einer dramatischen Wendung der Ereignisse wurden am Mittwoch fünf Leichen aus dem Wrack der gesunkenen Superyacht "Bayesian" geborgen, die am Montagmorgen vor der Küste Siziliens in einem Sturm sank. Unter den Toten befindet sich der britische Tech-Tycoon Mike Lynch sowie seine 18-jährige Tochter Hannah. Die italienischen Behörden haben die Identität der Leichen noch nicht offiziell bestätigt, jedoch berichten mehrere Quellen, dass Lynch und seine Tochter unter den Gefundenen sind.
Die "Bayesian", eine 56 Meter lange Superyacht unter britischer Flagge, sank bei stürmischem Wetter, das durch eine sogenannte Wasserhose – einen Mini-Tornado – verursacht wurde. Der Vorfall ereignete sich gegen 5:00 Uhr Ortszeit (03:00 GMT) am Montag, als die Yacht in einer Tiefe von 50 Metern auf der Seite liegend auf dem Meeresboden gefunden wurde.
Die Superyacht war auf einem Feierausflug, um den Freispruch Lynchs in einem langwierigen Betrugsprozess zu feiern. Lynch, Gründer des Technologieunternehmens Autonomy, war erst im Juni von den Betrugsvorwürfen freigesprochen worden. Auch sein Mitangeklagter Steve Chamberlain, der im Juni ebenfalls freigesprochen wurde, kam am Samstag bei einem Autounfall ums Leben.
Auf der "Bayesian" befanden sich insgesamt 22 Personen, darunter 10 Besatzungsmitglieder und 12 Passagiere. Bislang konnten 15 Personen gerettet werden, darunter Lynchs Frau Angela Bacares und Charlotte Golunski, eine enge Mitarbeiterin von Lynch. Die Leiche des Yachtkochs wurde am Montag als erste gefunden. Die weiteren Leichen wurden bis Mittwoch geborgen.
Die italienische Küstenwache und Spezialtaucher setzten ihre Suchaktion fort, um die noch vermissten Personen zu finden. Am Donnerstagmorgen wurde die fünfte Leiche geborgen. Derzeit wird nur noch nach der 18-jährigen Hannah Lynch gesucht. Die Suche gestaltet sich schwierig, da das Wrack in 50 Metern Tiefe liegt und die Taucher Schwierigkeiten haben, sich in den engen Kabinen der Yacht zu bewegen.
Luca Cari, Sprecher der Feuerwehr, erklärte: "Es ist sehr schwierig, sich im Wrack zu bewegen. Sich nur einen Meter weit zu bewegen, kann bis zu 24 Stunden dauern." Der genaue Grund für den schnellen Untergang der Yacht bleibt noch unklar, aber erste Berichte deuten darauf hin, dass die "Bayesian" innerhalb von Minuten sank.
Die italienischen Behörden vermuten, dass eine Wasserhose, ein rotierender Wirbelsturm, der sich über Wasser bildet, die Yacht erfasst hat. Moderne Yachten wie die "Bayesian" sind normalerweise gut ausgestattet, um extremen Wetterbedingungen zu widerstehen. Dennoch könnte eine Kombination aus starkem Wind, großen Wellen und möglicherweise einer strukturellen Schwäche der Yacht zum schnellen Untergang geführt haben.
Berichte von Überlebenden und Zeugen beschreiben, dass das Schiff innerhalb von Minuten sank, nachdem es von den Wellen erfasst wurde. Es gibt auch Spekulationen, dass eine offene Luke oder ein mechanisches Versagen beim Hubkiel der Yacht zur Instabilität beigetragen haben könnte.
Unter den vermissten Personen befinden sich auch Jonathan Bloomer, der frühere Vorsitzende von Morgan Stanley und Hiscox, sowie seine Frau Judy, und Chris Morvillo, Lynchs Anwalt. Die genauen Umstände ihres Verschwindens sind noch unklar.
Die Tragödie hat auch zu einer Reihe von Spekulationen und Verschwörungstheorien geführt, insbesondere im Zusammenhang mit dem kürzlichen Freispruch Lynchs und dem Tod seines Mitangeklagten Chamberlain. Während einige spekulieren, dass es sich um ein inszeniertes Szenario handeln könnte, betonen die Ermittler, dass es sich um einen tragischen Unfall handelt und die genauen Ursachen noch untersucht werden.
Freunde und Kollegen von Mike Lynch haben den Verlust betrauert. Lord Browne, Vorsitzender des Francis Crick Institute, lobte Lynchs Beiträge zur Technologie und seinem Engagement für die Wissenschaft. Brent Hoberman, ein langjähriger Freund, bezeichnete die Tragödie als "shakespearehaft" und sprach seine Trauer über den Verlust aus.
Die Ermittlungen zu dem Vorfall werden fortgesetzt, und die italienischen Behörden bemühen sich, die genauen Ursachen des Untergangs der "Bayesian" zu klären. Bis dahin bleibt die Tragödie ein tiefes menschliches und emotionales Rätsel.
