Der Abstand zwischen den beiden Parteien dürfte sich bis zur Auszählung aller Stimmen noch verkleinern. Zunächst wurden nämlich die kleineren Gemeinden fertig ausgezählt, in denen traditionell die Fico-Partei stark ist. Bratislava und die anderen Städte hingegen, in denen die Auszählung länger dauert, gelten als liberale Hochburgen. Die Wahlbeteiligung lag demnach vorläufig bei 67,9 Prozent.
Für Ficos Smer-Partei dürfte es aber nicht leicht werden, eine Koalition mit ausreichender Mehrheit zu bilden. Als Partner braucht sie vor allem die von ihr abgespaltenen liberaleren Sozialdemokraten unter Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini. Diese Partei mit dem Namen "Stimme - Sozialdemokratie" (Hlas-SD) kommt sowohl für Smer-SSD als auch für PS als Koalitionspartner infrage. Beim Auszählungsstand von 95 Prozent lag Hlas-SD mit 15,3 Prozent an dritter Stelle. Im Unterschied zu Fico ist Pellegrini für militärische Hilfe an die Ukraine.
Fico musste nach der Ermordung des investigativen Journalisten Jan Kuciak im Jahr 2018 als Premierminister zurücktreten. "Wenn Smer in die Regierung kommt, werden wir keine einzige Patrone Munition in die Ukraine schicken", sagte er kürzlich seinen Anhängern. Die Bedrohung hat bei den Mitgliedern der Europäischen Union und der Nato zu Besorgnis geführt und gleichzeitig in den sozialen Medien Unterstützung bei Slowaken gefunden, die traditionell eine positive Einstellung gegenüber Moskau hegen.
Die Slowakei war ein treuer und treuer Verbündeter Kiews, lieferte Boden-Luft-Raketen und Hubschrauber und spendete sogar ihre gesamte Flotte ausgemusterter MiG-29-Kampfflugzeuge. Die liberale Partei Progressive Slowakei, die Umfragen zufolge die Wahl gewonnen hatte, vertritt die Vision einer "offenen, toleranten, kosmopolitischen Gesellschaft" und plädiert dafür, in Themen wie grüner Politik und LGBTQ+-Rechten einer liberalen Linie innerhalb der Europäischen Union zu folgen.
Smer tut diese Vision als "liberalen Faschismus" ab und setzt sich stattdessen für Stabilität, Ordnung und soziale Sicherheit ein. Fico hat auch erklärt, dass er über den Anstieg der Zahl der Migranten, die über die Slowakei nach Westeuropa reisen, besorgt sei.
Weder die Smer noch die Progressive Slowakei werden wahrscheinlich genug Sitze gewinnen, um allein eine Regierung zu bilden. Im neuen Parlament könnten bis zu zehn Parteien vertreten sein, von libertären bis hin zu rechtsextremen Parteien, was den Koalitionsprozess langwierig und kompliziert machen könnte. Kurz nach der Veröffentlichung der Wahlumfragen sagte Simecka: "Es wird offenbar sehr eng werden, zwischen uns und Smer, aber auch für die Parteien, die möglicherweise ins Parlament kommen oder nicht."
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