Bislang hat die Ukraine aus dem Westen lediglich Kampfjets sowjetischer Bauart vom Typ Mig-29 erhalten. Die Streitkräfte des Landes wünschen sich allerdings Flugzeuge westlicher Bauart für den Abwehrkampf gegen Russland. Das könnten zum Beispiel in den USA gebaute F-16 sein. Stoltenberg machte in Ramstein deutlich, dass er die Diskussion über weitere Waffenlieferungen in der derzeitigen Situation für deutlich wichtiger hält als die Planungen für einen Nato-Beitritt der Ukraine. "Jetzt geht es vor allem darum, dass die Ukraine siegt", sagte Stoltenberg mit Blick auf den russischen Angriffskrieg. "Denn wenn sich die Ukraine nicht als souveräne unabhängige Nation in Europa durchsetzt, dann ist es sinnlos, über eine Mitgliedschaft zu diskutieren."
Deswegen gehe es nun darum, die Einheit bei der Unterstützung der Ukraine zu bewahren, sagte Stoltenberg. Einen Nato-Beitritt der Ukraine in Kriegszeiten schloss er damit erneut indirekt aus. Zu den Aussichten für den Kriegsverlauf sagte Stoltenberg: "Kriege sind naturgemäß unberechenbar. Niemand kann heute sagen, wann dieser Krieg endet." Deswegen müsse man auf ein langfristiges Engagement vorbereitet sein. Selbst wenn der Krieg ende, werde man die Ukraine weiter unterstützen müssen, um sicherzustellen, dass sie militärisch so stark sei, dass es nicht zu neuen Angriffen komme.
Der Verteidigungsminister der Ukraine hat bekannt gegeben, dass er heute Morgen ein "fruchtbares" bilaterales Treffen mit seinem US-Amtskollegen auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland hatte und twitterte: "Wir hatten ein fruchtbares bilaterales Treffen mit unseren amerikanischen Kollegen. Es war ein offenes Gespräch in einer gemeinsamen Sprache. Ich bin den großartigen Freunden der Ukraine, Lloyd Austin und Mark Milley, für ihre Führungsrolle bei der Stärkung der Anti-Kreml-Koalition dankbar. Wir setzen die Hilfe, die vom amerikanischen Volk bereitgestellt wurde, effizient und transparent ein. Der Feind wird die Folgen unserer Vereinbarungen zu spüren bekommen."
Die USA haben der Ukraine laut Verteidigungsminister Lloyd Austin seit Kriegsbeginn Militärhilfen im Wert von mehr als 35 Milliarden Dollar (knapp 32 Milliarden Euro) beigesteuert. Das sagte Austin am Freitag zum Auftakt des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe am US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz. Beim ihrem vierten Treffen wollen die Partner Austin zufolge etwa über Luftabwehr und Munition sprechen. "Die Ukraine braucht dringend unsere Hilfe, um ihre Bürger, Infrastruktur und Einheiten vor der Bedrohung durch russische Raketen zu schützen", sagte er. Man werde die Ukraine so lange wie nötig unterstützen. Austin zufolge machten die Bemühungen der Partner für die Ukraine einen großen Unterschied auf dem Schlachtfeld. Sie verdeutlichten, wie sehr sich der Kreml verkalkulierte.
Russische Online-Medien überbewerten nach Einschätzung britischer Militärexperten absichtlich die Bedeutung der Bodenbeschaffenheit für die erwartete ukrainische Gegenoffensive. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine am Freitag hervor. Demnach verlangsamt Schlamm militärische Einsätze auf beiden Seiten. Die Auswirkung auf die ukrainische Offensive werde von russischer Seite aber überbewertet, um die eigene Moral zu heben, so die Briten. "Die Bodenbeschaffenheit dürften sich in den kommenden Wochen verbessern", hieß es weiter. Eine größere Einschränkung für die Manövrierbarkeit abseits von Straßen dürfte demnach die Gefahr durch Landminen sein.
Russland hat vor mehr als einem Jahr seine Invasion in die Ukraine begonnen. Zuvor traf sich die Ukraine-Kontaktgruppe bereits dreimal in Ramstein. Auch bei diesem vierten Treffen wurden Vertreter von Staaten erwartet, die nicht der Nato angehören.
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