Nach der Islamischen Revolution 1979 wurden im Iran strenge islamische Kleidungsvorschriften eingeführt, die auch kontrolliert werden. Irans politische Führung steht seit Ausbruch der landesweiten Proteste Mitte September unter enormem Druck. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam stürzte Teheran in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Die 22-Jährige war vor mehr als drei Monaten wegen Verstoßes gegen die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden.
Die darauffolgenden Proteste, die sich auch gegen das islamische Herrschaftssystem richteten, wurden gewaltsam niedergeschlagen. Inzwischen sind immer mehr Frauen in Irans Metropolen in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu sehen. Während die sogenannte Sittenpolizei, die auch Amini festgenommen hatte, fast vollständig von den Straßen verschwunden ist, soll der Kopftuchzwang durch andere Methoden wie etwa Videoüberwachung verfolgt werden.
Derweil ist die bekannte iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti nach mehr als zwei Wochen Haft aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis auf Kaution freigelassen worden. Dies berichtete die reformorientierte Zeitung "Shargh". Alidoosti war Mitte Dezember im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Iran verhaftet worden. Sie hatte sich zuvor mit der Frauenbewegung solidarisiert und auf Instagram ein inzwischen gelöschtes Bild ohne das im Iran obligatorische Kopftuch veröffentlicht. Der Schauspielerin wurden nach ihrer Verhaftung "Verbreitung von Falschinformationen und Unterstützung von konterrevolutionären Kreisen" vorgeworfen.
Die 38-Jährige zählt zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Irans. Zu Alidoostis bekanntesten Filmen gehören unter anderem die Dramen "The Salesman" sowie "Alles über Elly", beide unter der Regie des zweifachen Oscar-Gewinners Asghar Farhadi. Im vergangenen Jahr feierte sie bei den Filmfestspielen in Cannes die Premiere ihres neuesten Films "Leila's Brothers". Die öffentliche Vorführung des Films in den iranischen Kinos wurde vom Kultusministerium verboten.
Die iranischen Behörden haben hart durchgegriffen, wobei mindestens 100 der Festgenommenen mit der Todesstrafe bedroht sind, so die in Oslo ansässige Gruppe Iran Human Rights.
Es wird angenommen, dass fast 500 Demonstranten getötet wurden, sagte die Gruppe letzte Woche, während die UNO im November mitteilte, dass mindestens 14.000 Menschen festgenommen worden seien. Während eine breite Basis von Demonstranten eine der kühnsten Herausforderungen an die iranische Führung seit der Revolution von 1979 stellt, haben sie die Unterstützungsbekundungen iranischer Athleten und Prominenter ergriffen.
Im Oktober wurde die iranische Bergsteigerin Elnaz Rekabi bei ihrer Rückkehr nach Teheran als Heldin empfangen, nachdem sie in Südkorea ohne Kopftuch an Wettkämpfen teilgenommen hatte. Nachdem sich Rekabi entschuldigt und darauf bestanden hatte, dass ihr Kopftuch versehentlich heruntergerutscht sei, äußerten Aktivisten Bedenken, dass die Äußerungen unter dem Druck der iranischen Behörden gemacht worden seien.
Wochen später tauchte ein Video der iranischen Bogenschützin Parmida Ghasemi auf, das zu zeigen schien, wie sie während einer Preisverleihung in Teheran ihr Kopftuch fallen ließ, während Mitglieder des Publikums sie anfeuerten. Ghasemi sagte später, sie habe nicht bemerkt, dass ihr Kopftuch verrutscht sei.
In Kommentaren staatlicher Medien im November sagte die stellvertretende iranische Sportministerin Maryam Kazemipour, einige iranische Sportlerinnen hätten gegen islamische Normen gehandelt und sich dann für ihre Taten entschuldigt. Mehrere nationale Sportmannschaften haben darauf verzichtet, die Nationalhymne zu singen, insbesondere vor dem Eröffnungsspiel des Iran bei der Fußballweltmeisterschaft. Das Team sang vor dem zweiten und dritten Spiel.
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