Die Opposition sieht das anders. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, erklärte, es herrsche nun "mehr Unklarheit als Klarheit". Tatsächlich scheint die Luft aus der Affäre aber weitgehend entwichen zu sein.
Die Ministerin, so viel steht fest, hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Oktober 2022 abberufen und im Januar 2023 mit der Leitung der weit weniger bedeutenden Bundesakademie für öffentliche Verwaltung betraut. Auslöser des Rausschmisses von Arne Schönbohm war ein Beitrag von Jan Böhmermann im ZDF, in dem dieser Schönbohms anhaltende Verbindungen zum Cyber-Sicherheitsrat Deutschland enthüllte. Dessen Chef und Schönbohm-Freund Hans-Wilhelm Dünn stand im Verdacht einer besonderen Nähe zu Russland. Diese Nähe wurde nach dem russischen Angriff auf die Ukraine anders bewertet als vorher.
Freilich blieb lange im Dunkeln, was man Schönbohm genau zur Last legte. Ein Disziplinarverfahren, um das er selbst gebeten hatte, fand nicht statt. Zudem wurde zuletzt ein Vermerk aus Faesers Haus öffentlich, der den Schluss nahelegte, sie habe das Bundesamt für Verfassungsschutz nachträglich um belastendes Material gegen Schönbohm gebeten. Dass die Ministerin den letzten beiden Sitzungen des Innenausschusses trotz gegenteiliger Bitten fernblieb, heizte die Affäre zusätzlich an.
Nur: Am Mittwoch kam sie dann, sichtlich gut vorbereitet. Von 10 bis 12.30 Uhr stand Faeser den Abgeordneten Rede und Antwort. Anschließend trat sie vor die Journalisten und las von einem halben Dutzend Karteikarten eine vorbereitete Erklärung ab. Demnach habe es schon unter Unionsinnenministern, gemeint waren Thomas de Maizière (CDU) und Horst Seehofer (CSU), immer wieder Beschwerden "hinsichtlich der Amtsausübung durch Herrn Schönbohm" gegeben. Dazu hätten sich "gravierende fachliche Differenzen" bei der Bewertung von Cyberangriffen gesellt. Entsprechend habe man Schönbohm vor der Böhmermann-Sendung "mehrere Vorschläge" für eine einvernehmliche Ablösung gemacht, ohne dass dieser eingewilligt hätte. Damit sei die Versetzung "unumgänglich" geworden.
Faeser wurde nie konkret, unterstrich aber mehrfach, dass in den Chef einer so wichtigen Behörde "hundertprozentiges Vertrauen erforderlich" sei. "Dieses Vertrauen war im Oktober 2022 nicht mehr gegeben." Überdies wies sie den "infamen Vorwurf" zurück, das Ministerium habe den Verfassungsschutz auf den BSI-Chef angesetzt.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang stützte diese Version vor denselben Journalisten. 2016 und 2021 habe man den Geschassten jobbedingt und routinemäßig sicherheitsüberprüft – ohne etwas Bedenkliches zu finden. Im Oktober 2022 habe es dann eine bloße Abfrage des Ministeriums gegeben – mit dem gleichen Resultat und ohne dass nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt worden seien.
Der SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann befand, die Union habe sich "auf einen falschen Pfad begeben". Sein CDU-Pendant Alexander Throm stellte hingegen fest, Nancy Faeser habe Schönbohm "voreilig abgesetzt". Da indes war die Bundesinnenministerium längst weg Richtung Plenarsaal.
dp/fa