Wachsende internationale Kritik an der hohen Zahl der getöteten Zivilisten in dem Krieg wies der israelische Regierungschef einmal mehr vehement zurück. "Israel kämpft im Einklang mit dem Völkerrecht", sagte er. "Die israelische Armee leistet vorbildliche Arbeit, indem sie versucht, die Opfer unter der Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten." Jedes verlorene Leben von Zivilisten sei eine Tragödie.
Doch die Schuld dafür liege allein bei der Hamas, die Menschen daran hindere, das Kriegsgebiet zu verlassen, manchmal mit Waffengewalt. "Sie hat auf die Sicherheitszone und den sicheren Korridor geschossen, den wir eingerichtet haben, um die Palästinenser daran zu hindern, die Gefahrenzone zu verlassen." Die Terroristen versteckten sich in Tunneln unter Kinderbetten. "Das ist es, womit wir zu tun haben." Netanjahu mahnte, die internationale Gemeinschaft dürfe dem Bösen keine moralische Unterstützung geben.
Netanjahu machte auch vorsichtig Hoffnung auf eine mögliche Freilassung weiterer Geiseln aus den Händen der islamistischen Hamas. Auf die Frage, ob eine solche Vereinbarung kommen könnte, sagte Netanjahu: "Es könnte sein, aber ich denke, je weniger ich darüber sage, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zustande kommt."
Falls dies gelinge, sei es allein Ergebnis von militärischem Druck, betonte Netanjahu. "Das ist das einzige, was zu einer Einigung führen könnte." Erst mit der Bodenoffensive des israelischen Militärs im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen habe es Bewegung in den Verhandlungen gegeben. "Wir werden darüber sprechen, wenn es soweit ist, und es ankündigen, wenn es zustande gekommen ist."
US-Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, diskutiert werde, dass die Hamas etwa 80 Frauen und Kinder freilassen könnte - im Gegenzug für palästinensische Frauen und Teenager, die in Israel in Gewahrsam seien. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Auch Netanjahu ging in keiner Weise auf Details eines potenziellen Deals ein.
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte dem Sender ABC, es liefen Verhandlungen, an denen Katar beteiligt und die US-Regierung aktiv eingebunden sei. "Es wird versucht, eine Einigung zu erzielen, die die Freilassung von Geiseln beinhaltet", sagte Sullivan. Biden werde nicht ruhen, bis ein solches Abkommen erreicht sei.
Sullivan betonte aber: "Ich muss vorsichtig sein mit dem, was ich öffentlich dazu sage, weil es sich natürlich um eine heikle und sensible Verhandlung handelt." Der US-Regierung lägen keine genauen Zahlen der Geiseln vor. Es gebe nur eine Zahl von Vermissten. Unklar sei aber, wie viele von ihnen noch am Leben seien. Von US-Seite würden neun Menschen mit amerikanischer Staatsbürgerschaft vermisst, und eine Person mit einer permanenten US-Aufenthaltserlaubnis.
Bei der verheerenden Attacke der Hamas und anderer Gruppierungen auf Israel Anfang Oktober waren auch mehr als 200 Menschen gewaltsam verschleppt worden. Nur einzelne wurden bislang freigelassen. Nach Angaben Israels hält die Hamas weiter 239 Menschen als Geiseln, darunter auch Frauen, Kinder und Ältere.