Während die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen andauern, richtet sich die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft zunehmend auf eine drohende humanitäre Krise: Ein möglicher Polio-Ausbruch, der die ohnehin katastrophale Lage weiter verschärfen könnte. UN-Vertreter und Hilfsorganisationen wie Save the Children drängen auf verstärkte Bemühungen, um dringend benötigte Impfungen für Hunderttausende Kinder im Kriegsgebiet sicherzustellen.
Louisa Baxter, Leiterin der Notfall-Gesundheitseinheit des Kinderhilfswerks Save the Children, betonte bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats die Dringlichkeit der Situation. Sie warnte, dass der Ausbruch nicht nur eine Katastrophe für die Kinder in Gaza bedeuten, sondern auch die weltweiten Bemühungen zur Ausrottung der Krankheit erheblich zurückwerfen könnte. Die Krankheit, die vor allem bei Kleinkindern schwere Lähmungen verursachen kann, breitet sich in verunreinigtem Wasser aus und ist derzeit unheilbar. Eine Impfkampagne ist für Ende August geplant, doch das Zeitfenster für präventive Maßnahmen schließt sich schnell.
Seit Kriegsbeginn sind etwa 50.000 Kinder im Gazastreifen geboren worden, von denen viele bisher keine Impfungen erhalten haben. Das Gesundheitssystem in Gaza ist durch die anhaltenden Konflikte stark geschwächt und kaum in der Lage, einen Polio-Ausbruch zu bewältigen. Baxter wies darauf hin, dass das dezimierte Gesundheitssystem absolut unvorbereitet ist, um dieser neuen Krise zu begegnen. Die Bedingungen im Gazastreifen, wo durch Krieg und Vertreibungen immer mehr Menschen auf engem Raum zusammenleben, verschärfen die Gefahr von Krankheitsausbrüchen.
Die Situation in Gaza wird durch massive Evakuierungen weiter verschärft. Laut den Vereinten Nationen leben die Menschen auf nur noch elf Prozent der Fläche des ohnehin dicht besiedelten Gazastreifens. Der Mangel an sauberem Wasser, unzureichende medizinische Einrichtungen und fehlende Hygieneartikel verstärken die Gefahr eines Ausbruchs. Die UN und internationale Organisationen drängen auf eine sofortige Waffenruhe, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen und die Impfkampagne durchzuführen.
Gleichzeitig laufen in Kairo Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, vermittelt durch Ägypten, Katar und die USA. Ein zentraler Streitpunkt ist die Kontrolle des sogenannten Philadelphi-Korridors, einer strategisch wichtigen Grenze zwischen Gaza und Ägypten. Israel fordert eine dauerhafte Kontrolle des Gebiets, um Waffenschmuggel zu verhindern, während Ägypten und die Hamas diese Forderung ablehnen.
Die Verhandlungen stehen auf der Kippe, und ein Scheitern könnte zu einer weiteren Eskalation im Nahen Osten führen. Trotz der Bemühungen der internationalen Gemeinschaft bleibt die Lage in Gaza kritisch. Die humanitäre Katastrophe droht sich weiter zu verschlimmern, sollten keine schnellen Lösungen gefunden werden. Die Zeit drängt, nicht nur um die Waffen zum Schweigen zu bringen, sondern auch um die Gesundheit und das Leben Hunderttausender Kinder zu retten.
Quelle: AFP, Save the Children