Während die Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter andauern, verschärft sich die Lage im Nahen Osten. In der Nacht zu Samstag wurde bei einem Luftangriff im Südlibanon ein Wohngebäude in der Stadt Nabatäa getroffen. Laut Berichten des libanesischen Gesundheitsministeriums und örtlicher Sicherheitsquellen kamen dabei mindestens neun Menschen ums Leben, darunter eine Frau und zwei Kinder. Weitere fünf Personen wurden verletzt. Der Angriff, der mutmaßlich von Israel ausgeführt wurde, zeigt die anhaltende Gewalt in der Region.
Die israelische Armee bestätigte am Morgen, dass die Luftwaffe ein Waffenlager der Hisbollah-Miliz in der Region Nabatäa angegriffen habe. Zusätzlich seien Artilleriegeschütze eingesetzt worden, um "eine Bedrohung" in anderen Teilen des Südlibanon zu neutralisieren. Diese militärischen Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit dem seit über zehn Monaten andauernden Gaza-Krieg, in dessen Verlauf die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz nahezu täglich Raketenangriffe auf den Norden Israels durchgeführt hat. Israel reagiert darauf regelmäßig mit Luftangriffen auf Ziele im Libanon.
Inmitten dieser Eskalation äußert sich die politische Führung im Iran skeptisch zu den laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe in Gaza. Der iranische Außenminister Ali Bagheri Kani teilte auf der Plattform X mit, dass Israel in diesen Verhandlungen nicht vertraut werden könne. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, alles zu tun, um die israelische Offensive im Gazastreifen zu beenden. Bagheri Kani wurde nach eigenen Angaben vom katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani über den aktuellen Stand der Verhandlungen informiert.
Während der bewaffnete Konflikt weitergeht, wurde im Gazastreifen der erste Fall von Kinderlähmung (Polio) gemeldet. Ein zehn Monate alter, ungeimpfter Säugling in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens ist betroffen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte. Die Bestätigung der Diagnose erfolgte durch Tests in Amman, Jordanien. UN-Generalsekretär António Guterres hatte zuvor eine Kampfpause gefordert, um Hunderttausende Kinder im abgeriegelten Gazastreifen gegen Polio zu impfen. Das Virus verbreitet sich oft über verunreinigtes Wasser, und bisher gibt es keine Heilung.
Trotz der anhaltenden Gewalt gab es Fortschritte in den Verhandlungen über eine Waffenruhe. In Doha, der Hauptstadt Katars, wurde zwar noch kein Durchbruch erzielt, aber die Gespräche wurden als konstruktiv beschrieben. Es gibt einen neuen Vorschlag, der die noch bestehenden Differenzen verringern soll. Dieser Vorschlag orientiert sich an den Grundsätzen des Friedensplans, den US-Präsident Joe Biden im Mai vorgelegt hatte. Ein weiteres Spitzentreffen ist für Ende nächster Woche in Kairo geplant, um die Verhandlungen fortzusetzen.
US-Präsident Joe Biden zeigte sich hoffnungsvoll über die Fortschritte in den Verhandlungen. "Wir sind näher dran als je zuvor", sagte er bei einer Veranstaltung im Weißen Haus. US-Außenminister Antony Blinken wird dieses Wochenende nach Israel reisen, um die diplomatischen Bemühungen vor Ort weiter voranzutreiben. Biden warnte jedoch, dass niemand in der Region Maßnahmen ergreifen sollte, um diesen Prozess zu untergraben.
Der ägyptische Außenminister Badr Abdelatty betonte, dass eine Waffenruhe eine weitere Eskalation in der Region verhindern könnte. Der Iran und die Hisbollah hatten nach der Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija in Teheran sowie eines Hisbollah-Kommandeurs Rache geschworen. Diese Drohungen haben die Spannungen in der Region weiter verschärft. Eine mögliche Waffenruhe könnte jedoch dazu beitragen, größere Angriffe auf Israel zu verhindern.
Ein US-Regierungsvertreter erklärte, dass die Verhandlungen weiterhin schwierig und komplex seien. Es gebe Elemente der geplanten Vereinbarung, die "unangenehm" seien, wie beispielsweise der Austausch einer großen Anzahl palästinensischer Gefangener gegen israelische Geiseln. Dennoch spiegle das Abkommen die Grundsätze wider, die Präsident Biden dargelegt habe und die vom UN-Sicherheitsrat unterstützt würden.
Die Lage im Nahen Osten bleibt angespannt, und während die Verhandlungen über eine Waffenruhe fortgesetzt werden, ist die Gefahr weiterer Eskalationen weiterhin hoch. Die internationale Gemeinschaft hofft auf eine baldige Einigung, die den Konflikt entschärfen könnte. Bis dahin bleibt die Situation in der Region weiterhin gefährlich und unberechenbar.