Jetzt versucht Amin, mit seiner Frau, seinen Kindern und Hunderten anderen Rohingya-Flüchtlingen etwas Ruhe zu finden, während sie an einem Skate-Park in Banda Aceh, direkt am Gebäude mit dem Büro des Gouverneurs, warten. Sie sind binnen weniger als zwei Tagen fünf Mal an andere Orte geschickt worden und haben immer noch keine Unterkunft gefunden – diese mehr als 300 Menschen, darunter abgemagerte Frauen und Kinder, die am vergangenen Sonntag auf zwei Boote verteilt Indonesiens nördlichste Provinz Aceh erreichten. Ein drittes Boot mit weiteren Flüchtlingen wurde noch vermisst.
Im Flüchtlingslager Cox‘s Bazar in Bangladesch sei es nicht sicher gewesen, erklärt Amin, mit seinen beiden kleinen Töchtern im Arm, den Beweggrund für die lange und riskante Reise nach Indonesien. "Wir, die Rohingya-Männer, mussten jede Nacht Wache halten. Wir konnten nicht schlafen." Nach seinen Angaben wurde auf sie geschossen, und in einer Nacht seien mehrere Flüchtlinge getötet worden.
Die Rohingya sind eine verfolgte und unterdrückte hauptsächlich muslimische Minderheit im mehrheitlich buddhistischen Myanmar, wo sie praktisch über keinerlei Rechte verfügen. Etwa 740.000 von ihnen sind seit August 2017 – als Folge einer brutalen Offensive von Militär und Polizei – ins benachbarte Bangladesch geflohen. Manche haben versucht oder versuchen noch, eine Bleibe in Ländern wie Indonesien und Malaysia zu finden.
Sicherheitskräften in Myanmar werden Massenvergewaltigungen, Tötungen und das Niederbrennen Tausender Häuser von Rohingya-Muslimen vorgeworfen. Internationale Gerichte untersuchen, ob es sich um Völkermord an den Rohingya handelt.
Amin und die anderen Flüchtlinge legten nach ihrer Reise aus Bangladesch im indonesischen Dorf Lamreh an – und erlebten, dass sie den Einwohnern dort nicht willkommen waren. Noch am Tag ihrer Ankunft verfrachtete man sie auf Lastwagen und brachte sie zu dem Ort nahe dem Amtssitz des Gouverneurs – eine ungefähr eineinhalbstündige Fahrt. Aber auch dort ließ man sie nicht bleiben. Polizisten fuhren sie vielmehr zu einem – eine weitere Autostunde entfernten – Pfadfinderlager. Doch auch hier wollte man sie nicht haben: Einwohner blockierten die Einfahrt und verweigerte ihnen den Zugang. So wurden sie denn zu einem vom Sozialministerium betriebenen Kongresszentrum geschickt, wo Ortsansässige sie wiederum nicht bleiben ließen.
Am Ende wurden die Flüchtlinge zurück zu dem Gebäude gebracht, in dem der Gouverneur sein Büro hat. Die Nacht verbrachten sie dann in einer Kongresshalle im Besitz der Regierung in Banda Aceh.
Shahidul Islam reiste auf demselben Boot wie Amin nach Indonesien, nachdem er gehört hatte, dass andere Rohingya – darunter Verwandte von ihm – dort sicher angekommen waren. Er habe wieder mit seinen Familienangehörigen zusammen sein wollen, schildert der 34-Jährige. "Aber jetzt lassen sie uns nicht herein. So viele Menschen sind krank, mehr als zuvor", sagt er über den Zustand der Flüchtlingsgruppe und die Art, wie sie empfangen wurde.
Insgesamt sind seit November mehr als 1500 Rohingya-Flüchtlinge per Boot in die indonesische Provinz Aceh gekommen. Manchen wurde das Anlegen von Bewohnern im Bezirk Aceh Utara und auf der Insel Sabang verwehrt, was bei Menschenrechtsorganisationen Besorgnis ausgelöst hat.
Der indonesische Präsident Joko Widodo erklärte am Montag, dass die Regierung den Flüchtlingen vorübergehend helfen werde. "Wir werden sie erst einmal unterbringen, vorläufig. Wir sind weiter mit internationalen Organisationen wie UNHCR (UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge) usw. im Gespräch, da die Ortsansässigen sie nicht akzeptieren", sagte Widodo Journalisten in Jakarta.
Die UNHCR-Vertreterin in Indonesien, Ann Maymann, betonte während eines Aufenthalts in Banda Aceh, dass Rohingya-Flüchtlinge einen sicheren Ort benötigten, mit Hilfe der indonesischen Regierung. In deren Händen liege es zu entscheiden, wo diese Menschen bleiben sollten. "Das ist ihre Befugnis. Und wenn sie entscheiden, wird es funktionieren", sagte Maymann. "So bin ich sicher, dass wir dies hinkriegen."