Der völkerrechtlich bindende Beschluss fordert Israel dazu auf, "unverzüglich einen sicheren und ungehinderten humanitären Zugang" in den Gazastreifen zu ermöglichen. Auch müssten die Voraussetzungen für eine nachhaltige Einstellung der Gewalt geschaffen werden.
In der strittigen Frage nach der Art der Kontrolle der Hilfsgüter einigten sich die Ratsmitglieder darauf, einen zuständigen UN-Koordinator einzusetzen. Dieser solle in Zusammenarbeit mit allen Akteuren auch für die Beschleunigung der Lieferungen sorgen. Der Rat verlangt weiter, dass humanitäre Güter über alle verfügbaren Grenzübergänge in den Gazastreifen fließen sollen.
Andere Passagen aber wurden auf Druck der USA gestrichen: Ein Paragraf, der "alle Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, einschließlich aller willkürlichen Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte" verurteilt, findet sich in der Resolution so nicht mehr. Auch eine zuvor geforderte unverzügliche Aussetzung der Gewalt, um Hilfslieferungen zu ermöglichen, fehlt.
Eine Reihe von Ratsmitgliedern war wegen der deutlichen Abschwächungen unzufrieden mit dem Text. Offen ist dabei, wie viel Einfluss die Resolution tatsächlich haben wird. Trotz ihrer Verbindlichkeit dürften die Konsequenzen für Israel bei Zuwiderhandlung überschaubar sein.
Als Folge der israelischen Kriegsführung der vergangenen zehn Wochen ist die humanitäre Situation der mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen dramatisch. Eine aktuelle UN-Studie kommt zu dem Schluss, dass in dem abgeriegelten Küstenstreifen 577 000 Menschen in die schwerwiegendste Kategorie des Hungers fallen. Im gesamten Rest der Welt zusammen gibt es dagegen gegenwärtig 129 000 Menschen, die ähnlich bedroht seien. Fast alle Menschen im Gazastreifen leiden unter Hunger oder Vertreibung. Israel hatte den Gazastreifen nach der grausamen Terrorattacke der islamistischen Hamas vom 7. Oktober abgeriegelt und angegriffen.
Insbesondere die US-Regierung hatte bei der Verhandlung der Resolution, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebracht worden war, intern lange mit sich gerungen. Dem Vernehmen nach waren führende Diplomatinnen und Diplomaten schon Anfang der Woche zu einer Enthaltung bereit gewesen. Doch Präsident Joe Biden hatte trotz eines Gesprächs am Dienstag mit UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield zunächst die Entscheidung getroffen, ein Veto einzulegen. Dann aber bekam US-Außenminister Antony Blinken in direkten Gesprächen mit seinen Amtskollegen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten Diplomaten zufolge weitere Zugeständnisse.
In den vergangenen Wochen waren zwei ähnliche Resolutionsentwürfe am Widerstand der USA gescheitert. Washington hatte sich stets hinter Israel gestellt und angegeben, dass Vorstöße per Resolution die laufenden diplomatischen Bemühungen vor Ort gefährden könnten. Bislang hat der Weltsicherheitsrat nur vor einigen Wochen eine völkerrechtlich bindende Resolution mit humanitärem Fokus zu dem Konflikt verabschiedet. Die UN-Vollversammlung hat dagegen schon zweimal per Resolution ein Ende der Gewalt gefordert. Die Resolutionen dieses Gremiums sind allerdings nicht bindend, sondern gelten eher als symbolisch.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres hatte den Weltsicherheitsrat schon mit ungewöhnlich scharfen Maßnahmen gedrängt, sich für einen humanitären Waffenstillstand einzusetzen. In einem entsprechenden Brief an den Rat bezog er sich vor kurzem auf Artikel 99 der UN-Charta. Dieser erlaubt dem Generalsekretär, den Sicherheitsrat auf "jede Angelegenheit hinzuweisen, die seiner Meinung nach die Gewährleistung von internationalem Frieden und Sicherheit gefährden kann" - und ist den UN zufolge seit Jahrzehnten nicht angewandt worden.