Während im umkämpften Gazastreifen die Vorbereitungen für eine großangelegte Polio-Impfkampagne voranschreiten, intensivieren sich die Gefechte zwischen den israelischen Streitkräften und verschiedenen militanten Gruppen in der Region. Die Entwicklungen auf mehreren Fronten werfen Schatten auf die humanitären Bemühungen und die politischen Auseinandersetzungen.
Nach einem erneuten Beschuss aus dem Libanon haben die israelischen Luftstreitkräfte in der Nacht auf Freitag mehrere Abschussvorrichtungen der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Süden des Nachbarlandes angegriffen. Diese Maßnahmen sind Teil der fortdauernden Reaktion Israels auf die Angriffe der Hisbollah, die als Antwort auf die Eskalation im Gazastreifen gilt.
Im Westjordanland ereigneten sich derweil zwei Vorfälle, die zu weiteren Spannungen führten. In der Nähe der israelischen Siedlung Karmei Tzur explodierte ein Auto an einer Tankstelle. Soldaten, die zur Unterstützung eilten, neutralisierten einen Terroristen, der versuchte hatte, die Sicherheitskräfte anzugreifen. Drei Soldaten wurden bei dem Vorfall leicht verletzt. Ein weiterer Vorfall ereignete sich, als ein Terrorist mit einem Fahrzeug gewaltsam in die Siedlung eindrang. Ein Mitglied des Sicherheitsteams reagierte, indem es sein eigenes Auto in das des Angreifers lenkte und den Angreifer tötete. Kurz darauf explodierte eine Bombe im Fahrzeug des Angreifers.
Seit Beginn des aktuellen Konflikts im Gazastreifen nach dem Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 hat sich die Lage im Westjordanland deutlich verschärft. Die israelische Armee meldete, dass im Zuge ihrer großangelegten Militäroperationen im Norden des Westjordanlandes bislang 20 militante Palästinenser getötet wurden. Der Ausgang des Konflikts bleibt jedoch ungewiss, und die Verhandlungen über eine Waffenruhe gestalten sich schwierig. Besonders strittig ist Israels Forderung nach einer dauerhaften Kontrolle des Philadelphi-Korridors, der die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten bildet. Ägypten bestreitet die Existenz von Schmuggelrouten durch diesen Korridor.
Die Situation innerhalb der israelischen Regierung ist ebenfalls angespannt. Berichten zufolge kam es während einer Sitzung des Sicherheitskabinetts zu einem heftigen Wortgefecht zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant. Galant warf Netanjahu vor, die Stationierung von Soldaten im Grenzgebiet über die Befreiung israelischer Geiseln zu stellen. Netanjahu präsentierte Karten, die seine Pläne zur Kontrolle des Philadelphi-Korridors darstellten, was zu einem Streit führte, in dem Netanjahu auch Galant der Lüge bezichtigte.
Trotz der internen Uneinigkeiten stimmte eine Mehrheit des Kabinetts Netanjahus Position zu, der auf einer umfassenden Kontrolle des Korridors besteht, um Waffenschmuggel zu verhindern. Die Debatte über die geostrategischen Entscheidungen bleibt ein zentrales Thema in der israelischen Politik.
Am Sonntag soll im Gazastreifen eine Impfkampagne gegen Polio beginnen. Diese Maßnahme erfolgt nach dem Auftreten des ersten Falls von Kinderlähmung in der Region seit 25 Jahren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vorläufige Verpflichtungen zu begrenzten Feuerpausen abgegeben, um die Durchführung der Impfungen zu ermöglichen. Netanjahu betonte jedoch, dass diese Pausen keine dauerhafte Waffenruhe darstellen.
Im Gazastreifen kam es zudem zu einem weiteren Vorfall, bei dem bewaffnete Männer die Kontrolle über ein Fahrzeug eines Hilfskonvois übernahmen. Die israelische Armee führte einen Angriff durch, bei dem vier Palästinenser ums Leben kamen. Anera, die Hilfsorganisation, die den Konvoi koordiniert, erklärte, dass die bewaffneten Männer ohne deren Zustimmung eingestiegen waren und eine unsichere Route melden wollten. Israel erklärte den Vorfall als Ergebnis eines Kommunikationsfehlers.
Die internationale Gemeinschaft steht Israel weiterhin unter Druck, insbesondere nach einem Vorfall, bei dem ein Fahrzeug des Welternährungsprogramms (WFP) im Gazastreifen beschossen wurde. Israel bezeichnete diesen Vorfall als Fehler in der Kommunikation, was jedoch nicht die Sorgen über die Sicherheit von Hilfstransporten in der Region mindert.
Inmitten dieser komplexen und sich schnell entwickelnden Situation bleibt die Lage in der Region äußerst angespannt, und die humanitären sowie politischen Herausforderungen erfordern weiterhin dringende Aufmerksamkeit und internationale Unterstützung.
Quellen: Reuters, Associated Press, WHO, Channel 12