Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde nannten die Ereignisse in Ostjerusalem einen "provokativen Akt" und sagten, die rechtsextremen Kabinettsminister Ben-Gvir und Bezalel Smotrich – überzeugte Befürworter der Parade – würden "den Samen des Konflikts säen". Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, die Veranstaltung werde wie geplant stattfinden. Der umstrittene Marsch soll auch durch das muslimische Viertel der Altstadt führen, was Palästinenser als extreme Provokation sehen. Laut der Nachrichteseite "Haaretz" versammelten sich rund 20.000 Menschen. Unter den Teilnehmern waren demnach auch Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sowie Finanzminister Bezalel Smotrich. Der Marsch findet jährlich am Jerusalem-Tag statt. Dabei wird die israelische Eroberung Ost-Jerusalems während des Sechstagekrieges 1967 gefeiert.
Die Palästinenser fordern den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt eines eigenen Staates. Rund 3200 Sicherheitskräfte waren laut Polizei aus Sorge vor Konfrontationen in Alarmbereitschaft versetzt worden. Mehrere jüdische Gruppen skandierten während des Marsches laut "Haaretz" Slogans wie "Tod den Arabern" oder "Möge euer Dorf brennen". In der Altstadt kam es demnach vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen jüdischen Nationalisten und palästinensischen Bewohnern.
Am Morgen hatten mehrere Hundert Juden den Tempelberg in Jerusalem besucht, darunter auch ein Mitglied der Regierung sowie mehrere Parlamentsabgeordnete. Das jordanische Außenministerium verurteilte den Besuch als "provokativ und inakzeptabel". Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Juden dürfen die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.
Vor rund zwei Jahren war der Flaggenmarsch wegen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen abgebrochen worden. Die in Gaza herrschende Hamas warnte, dass die "rote Linie" in Jerusalem nicht überschritten werden dürfte. Im Gazastreifen versammelten sich aus Protest Hunderte an der Grenze zu Israel. Dabei schwenkten sie palästinensische Flaggen und zündeten Reifen an. Israelische Soldaten feuerten Berichten zufolge Tränengas auf die Demonstranten ab. Erst am Samstag endete nach einer Waffenruhe eine fünftägige Gewaltrunde zwischen Israel und militanten Palästinensern aus dem Küstenstreifen.
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