Die in Las Vegas ansässige Anwaltskanzlei Dimopoulos, deren Auftritt Vorlage für einen Justizthriller von Bestsellerautor John Grisham sein könnte, will zusammen mit JK Legal & Consulting den Veranstalter des Formel-1-Rennens und das mit der Instandhaltung der Strecke betraute Unternehmen zur Rechenschaft ziehen. Es geht um den "Vorwurf des Vertragsbruchs, der Fahrlässigkeit und der irreführenden Handelspraktiken gegen die Beklagten", zitierte das Fachportal motorsport.com aus der Klageschrift.
"Wir werden die Rechte der Fans verteidigen, die große Entfernungen zurückgelegt und ein kleines Vermögen bezahlt haben, denen aber das Erlebnis vorenthalten wurde“, wurde Steve Dimopoulos von der gleichnamigen Kanzlei zitiert.
Diese fordert im Schnitt mindestens 30.000 Dollar Schadenersatz pro Zuschauer. "Unsere Kanzlei gewinnt monatlich Millionenbeträge im Namen unserer Kunden zurück", heißt es auf der Homepage. Und vielleicht gibt es im Erfolgsfall auch ein T-Shirt aus dem kanzleieigenen Fanshop - die verärgerten Fans werden darüber aber kaum lachen.
Die Formel 1 hatte all jenen Fans, die ein mehrere Hunderte Dollar teures Ticket nur für den Auftakttag besaßen, Warengutscheine im Wert von 200 Dollar (rund 183 Euro) angeboten. Von 35.000 Leuten ist in diesem Zusammenhang die Rede. "Wenn ich ein Fan wäre, würde ich den ganzen Laden abreißen", hatte Weltmeister Max Verstappen im niederländischen TV Partei für die verprellten Besucher bezogen.
Wer bis zum Rennen bleiben konnte, bekam beim Grand-Prix-Erfolg des Niederländers eine Menge Action geboten. Wer nur ein Ticket für den Auftakttag erworben hatte, schaute da längst in die Röhre. Wegen der defekten Abdeckung eines Wasserschachts auf dem Asphalt war das erste Training schon nach 19 Minuten abgebrochen worden.
Anschließend mussten alle Abdeckungen der Wasserschächte auf der gesamten Strecke entfernt und mit Sand sowie Asphalt aufgefüllt werden. "Der gesamte Prozess, von der Feststellung des Problems bis zur Behebung, dauerte etwa fünf Stunden", hieß es in einer Erklärung von Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali und Rennorganisatorin Renee Wilm am Freitag (Ortszeit).
Erst mit zweieinhalb Stunden Verspätung konnten die Piloten die zweite Einheit bestreiten. Da waren die Fanzonen jedoch längst geräumt. Der Organisator begründete diese Maßnahme im Kern mit dem Arbeitsschutz der Angestellten und der Sorge um die öffentliche Sicherheit.
Nach Einschätzung der Kanzlei Dimopoulos war die Strecke "zum Zeitpunkt der Veranstaltung nicht in einem rennfertigen Zustand". In der Klage heißt es weiter, dass die Formel-1-Chefetage, in Las Vegas erstmals auch Ausrichter eines Rennens, es versäumt habe, "die Mängel und/oder die mangelhafte Installation" des versiegelten Wasserschachts "zu erkennen und sicherzustellen, dass die Strecke für das Training rennbereit war."
Die Formel 1 hatte in einer Erklärung um Verständnis bei den Fans für ihr Vorgehen gebeten. Man habe "viele Interessen abwägen“ müssen, "darunter die Sicherheit aller Teilnehmer und das Erlebnis der Fans während des gesamten Rennwochenendes“.
Die Organisatoren und die Motorsport-Königsklasse schlossen ihre Erklärung mit der Bemerkung, dass alle schon bei Veranstaltungen gewesen seien, "die aufgrund von Faktoren wie Wetter oder technischen Problemen abgesagt wurden. Das kommt vor, und wir hoffen, dass die Menschen dafür Verständnis haben werden".
Dem Kläger zufolge wurde den verdutzten Zuschauern eine Rückerstattung des Eintrittspreises nicht angeboten. Man fordere nun für diese Fans eine finanzielle Entschädigung. "Darüber hinaus fordern die Kläger Schadenersatz für seelische Qualen in einer von den Geschworenen festzulegenden Höhe, die in Anbetracht des vorsätzlichen, rücksichtslosen und absichtlichen Verhaltens der Beklagten gerecht und angemessen ist", hieß es in der Klageschrift.
Las Vegas ist für die Formel 1 ein Prestigeprojekt. Sie hatte wegen all der möglichen Konflikte im Vorfeld - wie Straßensperrungen oder Ärger mit den Anwohnern - ihre Chefjustiziarin Renee Wilm zur Cheforganisatorin des Rennens gemacht. Wenn sich jemand mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen auskennt, dann sie.
"Wir können uns nicht zu Rechtsstreitigkeiten äußern“, wurde ein Grand-Prix-Sprecher zitiert. "Unser Fokus liegt darauf, unseren Fans ein unterhaltsames Erlebnis in einer sicheren Umgebung zu bieten, was immer unsere oberste Priorität ist." Nun ist das Bundesgericht von Nevada am Zug.