Man müsse "sehr intensiv daran arbeiten, die Produktion überall auf der Welt zu diversifizieren, vor allem dort, wo es solche Ressourcen gibt wie in Nigeria." Afrikas bevölkerungsreichstes Land sei "ein wichtiger Markt und Partner für die deutsche Wirtschaft", sagte Scholz. Vergangenes Jahr habe sich Deutschlands Handelsvolumen mit Nigeria um 50 Prozent auf drei Milliarden Euro erhöht. "Da geht noch mehr", sagte Scholz besonders mit Blick auf Investitionen aus dem Privatsektor. Auch wolle Deutschland im Sicherheitssektor enger mit dem westafrikanischen Land zusammenarbeiten.
Deutschland unterstütze bereits die Polizei und das Militär Nigerias im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen. Diese Partnerschaft solle weiter ausgebaut werden. Die Länder in der Sahel-Zone, zu denen auch Nigeria gehört, werden seit Jahren von Terrorgruppen heimgesucht, die blutige Anschläge gegen Zivilisten verüben und zunehmend Territorium kontrollieren.
Es ging in Abuja aber auch um ein Thema, das in Deutschland derzeit besonders viel Aufmerksamkeit bekommt: Die Begrenzung irregulärer Migration. Nigeria zählt zu den Hauptherkunftsländern von afrikanischen Asylbewerbern in Deutschland. Die Anerkennungsquote ist aber vergleichsweise gering.
Knapp 14 000 Nigerianer gelten als ausreisepflichtig. Die Rückführung in ihr Heimatland gestaltet sich aber schwierig, weil die meisten von ihnen keine Papiere haben. Dieses Jahr wurden bis Ende September 262 Nigerianer abgeschoben. Nigeria ist damit eines der Länder, mit denen Scholz die Rückführung von ausreisepflichtigen Migranten beschleunigen will. "Wir müssen endlichen im großen Stil abschieben", sagte Scholz kürzlich in einem "Spiegel"-Interview. Derzeit verhandelt die EU-Kommission mit Nigeria über ein Rückführungsabkommen. Anschließend wäre auch ein bilaterales Abkommen zwischen Deutschland und Nigeria möglich.
Scholz sagte in Abuja, es gehe darum, eine Rückführung von Menschen zu erleichtern, die kein Bleiberecht hätten. Gleichzeitig soll die Einwanderung von Fachkräften gefördert werden. Beides gehe "nur in enger Kooperation miteinander", sagte Scholz.
Für Scholz ist es die dritte große Afrika-Reise in seinen knapp zwei Jahren als Kanzler. Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hatte zum selben Zeitpunkt ihrer Amtszeit gerade erst einen Besuch auf dem Nachbarkontinent absolviert.
Scholz hat sich vorgenommen, dem lange vernachlässigten Kontinent deutlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen als bisher. Auch als Lehre aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine will er die internationalen Beziehungen Deutschlands breiter aufstellen. Als Konsequenz aus dem russischen Überfall bezieht Deutschland mittlerweile auch Flüssigerdgas (LNG) aus verschiedenen Teilen der Welt. Abhängigkeiten von einzelnen Ländern sollen auch in den Handelsbeziehungen verringert werden - wie aktuell von China.
Nigeria hat sich seit dem Ende einer Militärdiktatur 1999 als eine der stabilsten Demokratien der von Putschen heimgesuchten Region erwiesen. Doch das Land rutscht immer weiter in eine gefährliche Mischung aus Wirtschaftskrise und sich stetig verschlimmernder Unsicherheit. Im Nordosten verzeichnet der Staat seit über einem Jahrzehnt nur begrenzte Erfolge im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram.
Nach UN-Angaben sind knapp 3,5 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. 300 000 nigerianische Flüchtlinge befinden sich in den Nachbarländern Niger und Kamerun. Die Wirtschaftskrise mit der höchsten Inflation seit fast 20 Jahren verschlimmert die Situation. Experten warnen vor mehr Migration.
Der Kanzler ist nicht das einzige Regierungsmitglied, das in den nächsten Tagen in Afrika unterwegs ist. Innenministerinin Nancy Faeser (SPD) reist am Montag zusammen mit dem Sonderbeauftragten für die Migrationsabkommen, Joachim Stamp, nach Marokko. Auch dort wird es darum gehen, wie man eine Vereinbarung zustande bringen kann, die Abschiebungen erleichtert und gleichzeitig Zuwanderung von Fachkräften vereinfacht.
Ebenfalls am Montag startet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Afrika. In Sambia und Tansania soll es darum gehen, bestehende Partnerschaften auszubauen und neue zu knüpfen. "Da ist sich der Bundespräsident ganz einig mit dem Bundeskanzler", heißt es aus dem Präsidialamt.