Die Konservativen erreichten nach der Auszählung fast aller Stimmen nur noch 120 von 650 Mandaten. Bei der letzten Wahl hatten sie noch 365 Sitze errungen. Die Labour-Partei unter Keir Starmer feierte hingegen einen überwältigenden Sieg und kommt auf mindestens 412 Sitze, was einem Erdrutschsieg gleichkommt. Mit diesem Ergebnis nähert sich Labour ihrem Rekordergebnis von 1997 unter Tony Blair, als sie 418 Sitze gewann.
Rishi Sunak entschuldigte sich bei den Wählern und übernahm die Verantwortung für das schlechte Abschneiden seiner Partei. "Ich habe Ihre Wut und Ihre Enttäuschung vernommen und ich übernehme die Verantwortung für diese Niederlage", sagte Sunak. Trotz seines Rücktritts als Parteichef verteidigte Sunak seinen eigenen Wahlkreis deutlich. Er kündigte an, in den kommenden Wochen mehr Zeit in seinem Wahlkreis zu verbringen.
Der Politikwissenschaftler John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow erklärte, dass die Unzufriedenheit über die beiden Vorgänger Sunaks – Liz Truss und Boris Johnson – der Hauptgrund für die krachende Niederlage der Tories sei. Truss musste nach nur 49 Tagen im Amt zurücktreten, nachdem ihre Politik Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst hatte. Johnson trat nach verschiedenen Skandalen zurück.
Sunak, der früher in der Finanzbranche arbeitete und mit der Unternehmerin Akshata Murty verheiratet ist, besitzt ein Millionenvermögen, was ihm den Ruf einbrachte, abgehoben zu sein. Am heutigen Freitag (5. Juli) wird Sunak zu einer Abschiedsaudienz bei König Charles im Buckingham Palast erwartet. Dort verliert er seine Amtsprivilegien und muss die Abreise in einem Privatwagen selbst organisieren.
Die konservative Partei steht nun vor einem Richtungsstreit. Ein weiterer Rechtsruck wird erwartet, da mehrere potenzielle Nachfolger wie Verteidigungsminister Grant Shapps und die bisherige Ministerin für Parlamentsfragen, Penny Mordaunt, ihren Sitz verloren haben. Handelsministerin Kemi Badenoch und die frühere Innenministerin Suella Braverman, die beide am rechten Rand der Partei stehen, verteidigten jedoch ihre Mandate und gelten als aussichtsreiche Kandidaten für die Parteiführung. Moderatere Kandidaten wie der bisherige Innenminister James Cleverly und Staatssekretär Tom Tugendhat werden ebenfalls in Betracht gezogen.
Labour-Chef Keir Starmer wird der nächste britische Premierminister und soll die Labour-Partei in eine neue Ära führen. In seiner Siegesrede sprach er von einer "nationalen Erneuerung" und versprach, hart zu arbeiten, um das Land wieder aufzubauen. Starmer wird voraussichtlich am Freitagmittag von König Charles im Buckingham Palast empfangen, wo er offiziell gebeten wird, eine Regierung zu bilden.
Die Wahl führte auch zu bedeutenden Verschiebungen bei anderen Parteien. Die Liberaldemokraten gewannen 71 Sitze, das beste Ergebnis in ihrer Geschichte. Die Schottische Nationalpartei (SNP) musste hingegen Einbußen hinnehmen und kommt nur auf acht Sitze. Die rechtspopulistische Partei Reform UK von Nigel Farage, der einst den Brexit vorantrieb, erzielte vier Mandate. Auch die britischen Grünen gewannen vier Sitze.
Jeremy Corbyn, der ehemalige Vorsitzende der Labour-Partei, zog erneut ins Unterhaus ein. Er war als unabhängiger Kandidat angetreten, nachdem Labour ihn wegen Antisemitismus-Vorwürfen aus der Partei ausgeschlossen hatte.
Nach 14 Jahren Tory-Regierung und einer Reihe von Premierministern, darunter Boris Johnson, David Cameron, Theresa May und Liz Truss, die bei dieser Wahl ihre Parlamentssitze verloren, endet nun eine Ära. Sunak, der einzige Premierminister in diesem Zeitraum, der sein Unterhausmandat verteidigen konnte, verabschiedet sich aus der Downing Street.
Keir Starmer und seine Labour-Partei stehen vor der Herausforderung, das Land zu erneuern und in eine neue Richtung zu führen. Der designierte Premierminister mahnte, dass der Wechsel nicht über Nacht erfolgen könne und dass der künftigen Labour-Regierung "harte Arbeit" bevorstehe.