Ob Ofarims Kette an jenem Abend des 4. Oktober 2021 im Hotel sichtbar war, ist für die Anklage durchaus von Bedeutung. Schließlich hatte der Musiker in einem millionenfach angesehenen Handyvideo behauptet, dass ein Manager des Hotels ihn antisemitisch beleidigt habe, indem er ihn aufgefordert hätte, seine Kette mit dem Davidstern abzunehmen, um einchecken zu können. Ein Zeuge will die Kette im Hotel gesehen haben. Die Staatsanwaltschaft hält das für gelogen und geht davon aus, dass Ofarims Davidstern im Hotel gar nicht zu sehen war.
Im Gegensatz dazu will zumindest ein Hotelgast das auffällige Schmuckstück bei dem Musiker gesehen haben. Vorruheständler Thomas S. (58) stand an jenem Abend hinter Ofarim in der Warteschlange am Check‑in. Da habe er die Kette mit dem auffälligen Anhänger gesehen. "In der Größe zwischen Fünf-Mark-Stück und Handteller."
Der massive juristische Schlagabtausch vor dem ursprünglichen Prozessstart 2022 ließ für das Verfahren eine Konfliktverteidigung erwarten. Doch die vier Anwälte Ofarims verzichten bisher auf eine Konfrontation mit dem Gericht und eine Zermürbungsstrategie mit unzähligen Anträgen. Lediglich einen sogenannten Besetzungseinwand erhoben sie vor dem ersten Verhandlungstag, da sich die Person des Vorsitzenden Richters während des laufenden Geschäftsjahres geändert hatte. Eine Entscheidung obliegt dem Oberlandesgericht Dresden.
Mit einem Antrag auf Vereidigung des Hauptbelastungszeugen scheiterten die Verteidiger bisher, was aber den Fortgang der Verhandlung nicht lähmte. Und dass der Vorsitzende Richter Andreas Stadler – ein geborener Leipziger, der innerhalb der Justiz schon alles erlebt hat – den meisten Problemen mit feinem Humor begegnet, ist ganz sicher auch kein Nachteil.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Ofarim gelogen hatte und der Davidsternanhänger in der Hotellobby nicht zu sehen gewesen war. In der Anklage geht es daher unter anderem um falsche Verdächtigung in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Verleumdung. In der kommenden Woche pausiert der Prozess, bevor es dann ab 28. November erneut drei Verhandlungstage in Folge geben soll. Mit einem Urteil ist nach aktuellem Stand am 7. Dezember zu rechnen.