Der anhaltende Konflikt zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon hat in den letzten Tagen eine gefährliche Eskalation erfahren. Nachdem der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu einen von den USA und Frankreich vorgeschlagenen Waffenstillstand ablehnte, verstärkten sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien. Dies führte zu massiven Luftangriffen und Raketenbeschüssen auf beiden Seiten der Grenze, während diplomatische Bemühungen zur Eindämmung des Konflikts weiterlaufen.
Am Donnerstag forderten die USA, Frankreich und weitere Länder eine 21-tägige Feuerpause, um den Druck auf die Zivilbevölkerung zu mindern und Raum für diplomatische Verhandlungen zu schaffen. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, drückte seine Enttäuschung über die Ablehnung des Vorschlags durch Israel aus und betonte, wie viel Mühe in diesen Plan investiert worden sei. Kirby erklärte, die USA hätten Grund zu der Annahme, dass Israel den Plan unterstützen würde, sonst wäre dieser gar nicht erst auf den Tisch gekommen. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnete die Ablehnung des Waffenstillstandes als "Fehler" und warnte vor einer regionalen Eskalation.
Netanjahu hingegen erklärte, er habe das israelische Militär angewiesen, die Angriffe gegen die Hisbollah "mit voller Kraft" fortzusetzen, und betonte, dass die Sicherheit der israelischen Bürger oberste Priorität habe. Der israelische Außenminister Israel Katz bekräftigte diese Haltung auf der Plattform X (ehemals Twitter) und unterstrich die Entschlossenheit der Regierung, den Kampf bis zur sicheren Rückkehr der Bewohner des Nordens Israels in ihre Häuser fortzusetzen.
Israel intensivierte seine Luftangriffe auf Hisbollah-Stellungen im Libanon, insbesondere in der Bekaa-Ebene und im Süden des Landes. Dabei wurden nach Angaben der israelischen Armee über 75 "Terrorziele" getroffen, darunter Waffenlager und Raketenstellungen. Diese Angriffe hatten schwere Verluste zur Folge: Das libanesische Gesundheitsministerium meldete mindestens 92 Tote und über 150 Verletzte durch israelische Angriffe am Donnerstag.
Gleichzeitig feuerte die Hisbollah Dutzende Raketen auf den Norden Israels ab, insbesondere auf die Städte Haifa und Safed. Die israelische Raketenabwehr konnte einige dieser Geschosse abfangen, doch viele landeten in unbewohnten Gebieten. Der Konflikt hat in den vergangenen Wochen Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze zur Flucht gezwungen und verschärft die ohnehin angespannte humanitäre Lage in der Region.
Besonders brisant war die Tötung mehrerer ranghoher Hisbollah-Kommandeure durch gezielte israelische Luftangriffe, darunter Mohammed Srur, der Kommandeur der Drohneneinheit der Hisbollah. Dieser Schlag traf die Miliz empfindlich und könnte zu einer weiteren Eskalation führen. Bereits in der Vorwoche hatte Israel den Kommandeur der Hisbollah-Eliteeinheit Radwan, Ibrahim Akil, getötet.
Während die USA und Frankreich weiterhin versuchen, Netanjahu von einem vorübergehenden Waffenstillstand zu überzeugen, wächst die Sorge vor einer regionalen Ausweitung des Konflikts. Der libanesische Außenminister Abdallah Bouhabib unterstützte den Waffenstillstandsplan bei der UN-Generalversammlung und betonte, dass sein Land unter einer Krise leide, die seine Existenz bedrohe. Bouhabib machte deutlich, dass der Libanon die amerikanisch-französische Initiative als Chance für diplomatische Fortschritte sehe, um die Gewalt zu beenden.
Auch innerhalb Israels gibt es unterschiedliche Meinungen zum Umgang mit dem Konflikt. Während Premierminister Netanjahu weiterhin eine harte militärische Linie verfolgt, haben Oppositionspolitiker wie Yair Golan vorgeschlagen, zunächst eine kürzere Waffenruhe zu akzeptieren, um die Situation zu bewerten.
Der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah steht im Kontext des größeren Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen, der seit dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober andauert. Die Hisbollah sieht sich als Teil der "Achse des Widerstands" gegen Israel, zu der auch die Hamas, die Huthi-Miliz im Jemen und schiitische Gruppen im Irak und in Syrien gehören. Diese Allianz erhöht die Gefahr, dass sich der Konflikt auf andere Teile des Nahen Ostens ausweitet.
Besonders beunruhigend ist die zunehmende militärische Aktivität der Huthi-Miliz im Jemen, die wiederholt den Schiffsverkehr im Roten Meer angegriffen und Raketen auf Israel abgefeuert hat. Israels Abfangen einer Rakete aus dem Jemen zeigt, dass der Konflikt das Potenzial hat, sich über die Grenzen des Libanon hinaus auszudehnen.
Die Lage im Nahen Osten bleibt weiterhin explosiv. Trotz der intensiven diplomatischen Bemühungen der USA, Frankreichs und anderer internationaler Akteure scheint eine sofortige Deeskalation des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah derzeit nicht in Sicht. Die militärischen Auseinandersetzungen nehmen weiter zu, während die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten des Konflikts schwer leidet. Die kommenden Tage könnten entscheidend dafür sein, ob es gelingt, eine regionale Ausweitung der Kämpfe zu verhindern, oder ob der Konflikt weiter eskaliert.