Tatsächlich aber wurde Johnsons Rede, die von Anwesenden als "stürmisch" gelobt wurde, als Attacke auf Premierminister Rishi Sunak und Beweis für eigene Ambitionen gewertet. "Kämpft weiter (...) für ein dynamisches globales Großbritannien mit niedrigen Steuern", rief Johnson unter anderem den Zuhörern zu. Sunak musste zähneknirschend vor wenigen Wochen Steuererhöhungen verkünden.
Nun also die Spende von umgerechnet rund 1,13 Millionen Euro, die im Register für Nebeneinkünfte britischer Unterhausabgeordneter veröffentlicht wurde und an Johnsons Büro ging. Sie stammt vom britischen Tech-Unternehmer Christopher Harborne. Der Geschäftsmann, der seit etwa 20 Jahren in Thailand lebt, gilt als einer der wichtigsten Brexit-Finanziers des Landes. Der früheren Brexit-Partei von Rechtsaußen Nigel Farage, einer der treibenden Kräfte für den EU-Austritt, hat er in der Vergangenheit rund sechs Millionen Pfund gespendet.
In seiner Rede im Carlton Club warb Johnson mit Nachdruck dafür, dass die Konservativen den Brexit offensiv nutzen sollten. "Nur eine Partei glaubt wirklich an den Brexit", sagte er. "Und wenn die Leute dies kapieren, wird sich die politische Dynamik ändern." Die Botschaft: Premier Sunak, obwohl seit jeher Brexiteer, ist viel zu zögerlich. Vielmehr brauche es einen Haudrauf, um die angeblichen Chancen des EU-Austritts zu nutzen. Also so einen wie Johnson.
Mit seiner Millionenspende zeige Harborne, dass er allein Johnson die Brexit-Umsetzung sowie eine Abkehr von den desaströsen Umfragewerten der Tories zutraue, schrieb Polit-Urgestein Craig. "Wenn es je einen Beweis brauchte, dass Mister Johnson und seine ihn anhimmelnden Fans ein Comeback planen, um - wie sie es sehen - die Konservative Partei vor einer vernichtenden Wahlniederlage unter Rishi Sunak zu retten, dann ist es dieser." Umfragen zufolge ist die oppositionelle Labour-Partei auf Kurs zu einem Wahlsieg bei der für 2024 geplanten Parlamentswahl.
Die Million von Harborne ist beileibe nicht die einzige hohe Summe, die Johnson seit seinem Abschied aus der Downing Street im September eingestrichen hat. Aus dem Register geht hervor, dass der 58-Jährige im Dezember etwas mehr als 250.000 Pfund Honorar für zwei Reden erhielt. Die Gesamtsumme seiner Einkünfte als Redner seit seinem Aus als Regierungschef beläuft sich damit auf rund 1,2 Millionen Pfund. Außerdem scheint er mietfrei ein Londoner Luxusanwesen des Unternehmerpaars Bamford zu nutzen. Im Register gibt Johnson an, dass ihm die Bamfords die Mietkosten von 10.000 Pfund monatlich spenden.
Ob er tatsächlich Rückkehrabsichten hegt, hat Johnson bisher nicht gesagt. Dass er seinen von der eigenen Fraktion erzwungenen Auszug aus der Downing Street nie verziehen hat, gilt aber als gesichert. Nach dem Rücktritt seiner Kurzzeit-Nachfolgerin Liz Truss hatte er bereits einen neuen Anlauf unternommen, aber dann zugunsten Sunaks verzichtet. Warum, ist bis heute unklar. Denn an der Parteibasis ist der hemdsärmelige Johnson deutlich populärer als der Amtsinhaber. Als möglicher Termin für einen neuen Angriff gelten nun die Kommunalwahlen Anfang Mai. Kassieren die Tories dann die erwartet harte Schlappe, könnte Johnson als Retter in der Not erscheinen.
Früher aber könnte sich entscheiden, ob die Comeback-Pläne wirklich Chancen haben. Demnächst könnte ein Parlamentsausschuss, der sich mit der "Partygate"-Affäre um Lockdown-Partys in der Downing Street beschäftigt, den Ex-Premier vorladen. Kommen die Abgeordneten zum Schluss, dass Johnson damals das Parlament belogen hat, ist Johnsons politische Karriere fürs Erste beendet. Zuletzt kamen neue Details ans Licht, die Johnsons Aussagen widersprechen, man habe sich stets an die Corona-Regeln gehalten.
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