Rund neun Monate vor dem Beginn der Heim-Europameisterschaft gelang Thomas Müller schon nach vier Minuten das 1:0. Leroy Sané legte kurz vor dem Ende nach (87.). Es war das Ende einer Serie von freudlosen Auftritten. Daran änderte auch der späte Anschluss von Antoine Griezmann (89., Foulelfmeter) nichts mehr.
DFB-Sportdirektor Völler, der unmittelbar vor dem Anpfiff der Partie am ARD-Mikrofon noch einmal betonte, dass er als Dauerlösung für den Bundestrainer-Posten nicht zur Verfügung steht, hatte die deutsche Startelf im Vergleich zum peinlichen 1:4 am Samstag in Wolfsburg gegen Japan nominell auf drei Positionen verändert. Benjamin Henrichs übernahm die Linksverteidiger-Rolle, Jonathan Tah bespielte die rechte defensive Außenbahn und Müller führte die Offensive im Angriffszentrum an. Nico Schlotterbeck, der angeschlagene Joshua Kimmich und Kai Havertz blieben außen vor.
Es waren jedoch nicht vornehmlich diese Umstellungen, die der DFB-Elf ein anderes Gesicht verliehen. Die Mannschaft zeigte von Beginn an eine selbstbewusstere Körpersprache als in den vergangenen Monaten, präsentierte sich bissig in den Zweikämpfen und ließ den Ball phasenweise sogar ansehnlich durch die eigenen Reihen laufen. Bester Beleg: Die Entstehung des frühen Führungstreffers. Über 13 Stationen und nach der entscheidenden Hereingabe von Henrichs landete der Ball bei Müller, der aus zentraler Position wuchtig vollstreckte.
Eine Welle aus Jubel und Erleichterung schwappte durch das Dortmunder Stadion und entlud sich auch bei den Spielern auf dem Feld. Auch nach dem 1:0 blieb die Mannschaft von Völler, der auf der Bank von DFB-Direktor Hannes Wolf und Ex-Nationalspieler Sandro Wagner unterstützt wurde, dran und suchte weiter den Weg nach vorn. Nach 25 Minuten gab es dann allerdings einen Dämpfer. Kapitän Ilkay Gündogan stürzte nach einem Luftduell mit Adrien Rabiot auf den Rücken und konnte nicht mehr weitermachen. Für den Mittelfeldspieler kam Pascal Groß, der damit sein zweites Länderspiel bestritt.
In der Folge gewannen die Gäste, die in der Anfangsformation auf Superstar Kylian Mbappé verzichtet und stattdessen auf den Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani dann zunehmend die Kontrolle über Ball und Spiel - ohne die zuletzt immer wieder anfällige DFB-Defensive ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Folglich ging es mit dem Remis in die Pause, in deren Anschluss die Begegnung zunächst ereignislos verlief. Bei einem Distanzschuss von Aurelien Tchouameni reagierte Marc-André ter Stegen im deutschen Tor dann glänzend, der wegrutschende Kolo Muani verpasste den Abpraller knapp (57.). Anschließend blieb die engagierte deutsche Auswahl stabil und erhöhte auf der Zielgeraden der Partie durch Sané. Griezmanns Elfmeter hatte nur noch statistischen Wert.
Der unerwartete Erfolg gegen die Franzosen gibt dem DFB nun zumindest ein wenig Luft zum Durchatmen - wenn auch nur kurz. Schon im kommenden Monat steht die USA-Reise mit Partien gegen die Gastgeber und Mexiko an. Bis dahin sollte der Flick-Nachfolger gefunden sein. Die Wunschlösung vieler Fans wird den Job jedoch nicht antreten. Jürgen Klopp teilte am Dienstag mit, dass er beim FC Liverpool bleiben wolle. Somit scheint Julian Nagelsmann weiter in der Favoritenrolle zu sein.
Der 36-Jährige war im vergangenen März überraschend vom FC Bayern freigestellt worden und steht beim deutschen Rekordmeister noch bis 2026 unter Vertrag. Die Münchner signalisierten jedoch Bereitschaft, den Coach unter gewissen Bedingungen aber ohne Ablöse zum DFB ziehen zu lassen. Verbandspräsident Bernd Neuendorf betonte kurz vor dem Spiel am Dienstagabend allerdings, dass man sich auch im Ausland nach geeigneten Kandidaten für den Job umschaue.
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