In einer dramatischen Eskalation des Gaza-Konflikts hat die israelische Luftwaffe am Dienstagabend einen Kommando- und Kontrollposten der islamistischen Hamas auf dem Gelände einer ehemaligen Schule im Flüchtlingslager Nuseirat im zentralen Gazastreifen angegriffen. Laut einem Militärsprecher wurde die Operation nach einer Reihe von Maßnahmen zur Minimierung der Gefahr für Zivilisten durchgeführt. Dennoch wurden Berichten zufolge bei dem Angriff etwa 14 Menschen getötet, darunter sechs Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästina (UNRWA). Das betroffene Gelände, das zuvor als Zufluchtsort für etwa 12.000 Menschen diente, war ein wichtiger Rückzugsort für Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder.
Der Angriff auf das UNRWA-Gelände hat international für Empörung gesorgt. UN-Sprecher Stéphane Dujarric erklärte in New York, dass Liegenschaften der Vereinten Nationen niemals Ziel von Angriffen oder militärischen Gruppen sein sollten. Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass sich Hamas-Vertreter auf dem Gelände aufgehalten hätten, konnte Dujarric keine klare Antwort geben. Israel wirft der Hamas vor, ihre Einrichtungen oft in der Nähe von zivilen Einrichtungen und unter Zivilisten zu verstecken.
UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich tief erschüttert über den Vorfall und bezeichnete ihn als "absolut inakzeptabel". Er forderte ein sofortiges Ende der "dramatischen Verletzungen des internationalen humanitären Rechts".
Parallel zum Gaza-Konflikt hat sich die Lage an der Grenze zum Libanon weiter verschärft. Seit Beginn der aktuellen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas kommt es nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der schiitischen Miliz Hisbollah im Libanon. Am Mittwoch wurden nach Angaben der israelischen Armee mehr als 100 Geschosse aus dem Libanon auf Israel abgefeuert, woraufhin das israelische Militär Ziele im Südlibanon beschoss. Die israelische Regierung fordert die Hisbollah auf, sich gemäß einer UN-Resolution mindestens 30 Kilometer von der Grenze zum Libanon zurückzuziehen.
Die Hisbollah hat angekündigt, ihre Angriffe auf Israel fortzusetzen, bis es zu einem Waffenstillstand im Gaza-Konflikt kommt. Die Situation an der Grenze hat bereits zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen, und es bestehen zunehmende Sorgen über eine weitere Eskalation des Konflikts.
Die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, bei denen Ägypten, die USA und Katar als Vermittler auftreten, kommen nur schleppend voran. Am Mittwoch trafen sich Vertreter der Hamas in Doha mit Vertretern aus Katar und Ägypten zu weiteren Gesprächen, doch es gibt bislang keine signifikanten Fortschritte.
In einem weiteren Schritt erklärte Israels Verteidigungsminister Joav Galant Jihia al-Sinwar, den Anführer der Hamas, als den "neuen Osama bin Laden". In einem Video zum Jahrestag der Terrorangriffe vom 11. September 2001 erklärte Galant, dass Israel al-Sinwar "finden und der Gerechtigkeit zuführen" werde – tot oder lebendig. Dies geschah nur einen Tag nach einem Interview, in dem Brigadegeneral Gal Hirsch von einem Angebot für eine sichere Ausreise von al-Sinwar und seiner Familie aus dem Gazastreifen sprach.
Die Hamas hat auf das Angebot reagiert und erklärt, dass sie bereit sei, über eine sichere Ausreise zu verhandeln, jedoch nur als Teil einer umfassenden Einigung.
Währenddessen demonstrierten am Mittwochabend mehrere hundert Menschen in Israel für eine Waffenruhe und eine Vereinbarung über die Freilassung der verbliebenen 101 Geiseln, die am 7. Oktober 2023 von der Hamas verschleppt worden waren. Die Demonstranten forderten eine Beendigung der Gewalt und einen humanitären Zugang für die von den Kämpfen betroffenen Zivilisten.
Inmitten der intensiven diplomatischen und militärischen Aktivitäten bleibt die Situation in der Region angespannt und ungewiss.