Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, äußerte sich in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zuversichtlich über die Entwicklung der Inflation im Euroraum. Nagel betonte, dass "die große Welle der Inflation überstanden" sei. Dies lässt Hoffnung auf eine Rückkehr der Inflation in den Bereich des mittelfristigen EZB-Ziels von zwei Prozent zu.
"Wenn es keinen weiteren unerwarteten großen Schock gibt, wie den Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022, sollte sich die Inflation im Trend weiter auf zwei Prozent zubewegen", so Nagel. Dennoch warnt der Bundesbankpräsident davor, vorzeitig in Jubel auszubrechen. "Noch sind wir nicht am Ziel", sagte er und fügte hinzu, dass es weiterhin wichtig sei, "aufmerksam zu bleiben und die Risiken auf dem Weg zurück zu stabilen Preisen im Blick zu behalten". Die Aufgabe der Zentralbank sei es, diese Entwicklungen genau zu überwachen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird am 12. September 2024 über die Leitzinsen entscheiden. An den Finanzmärkten wird eine Senkung der Leitzinsen erwartet. Diese Erwartung gründet sich auf die jüngsten Inflationsdaten: Im August 2024 hat sich die Inflation in der Eurozone auf 2,2 Prozent angenähert, was dem mittelfristigen Ziel der EZB näherkommt. Die Zentralbank hatte im Juni erstmals seit Beginn der Inflationswelle die Leitzinsen gesenkt, hielt sich jedoch im Juli die Möglichkeit für weitere Zinssenkungen im September offen.
Nagel wollte sich im Gespräch mit der FAZ nicht festlegen, ob er auf der nächsten Zinssitzung der EZB für eine Zinssenkung stimmen werde. "Wir sind auch weiterhin nicht mit dem Autopiloten unterwegs", betonte Nagel. Er äußerte sich jedoch optimistisch: "Aber ich sage mal: Ich sehe die Inflation auf gutem Wege."
Nagel sprach auch über die finanziellen Herausforderungen der Bundesbank. Er deutete an, dass die Bundesbank möglicherweise auch in diesem Jahr operative Verluste erleiden werde, die auf ähnlicher Größenordnung wie 2023 liegen könnten. "Wir haben unsere Risikovorsorge weitestgehend verbraucht, daher werden wir mit Verlustvorträgen für die kommenden Jahre arbeiten müssen", erklärte Nagel.
Trotz der finanziellen Herausforderungen sieht Nagel Licht am Ende des Tunnels: "Die Gewinne der Bundesbank werden in der Zukunft wieder zurückkommen." Er versicherte, dass die Bilanz der Bundesbank solide sei und es große Bewertungsreserven gebe. "Deshalb muss sich niemand Sorgen machen – die Bundesbank benötigt kein zusätzliches Kapital."
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Joachim Nagel trotz der Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung zur Vorsicht mahnt. Die bevorstehende Entscheidung der EZB über die Leitzinsen wird mit Spannung erwartet, während die Bundesbank mit finanziellen Herausforderungen kämpft, jedoch zuversichtlich in die Zukunft blickt. Die kommenden Monate könnten entscheidend für die weitere geldpolitische Ausrichtung und die wirtschaftliche Stabilität im Euroraum werden.