Thüringen: Kein Strom, kein Telefon, keine Toiletten
Besonders stark betroffen war der Ort Windehausen (Kreis Nordhausen) in Nordthüringen. Dort spitzte sich die Hochwasserlage so zu, dass am ersten Weihnachtsfeiertag die komplette Räumung des knapp 500 Einwohner zählenden Ortsteils von Heringen notwendig wurde. "Die Situation ist sehr bedrohlich, so ein Bild habe ich in der Goldenen Aue noch nicht gesehen", sagte der Bürgermeister der Stadt Heringen, Matthias Marquardt (Linke).
Das Wasser stand teilweise bis zu einem Meter hoch in dem Ort. Es habe keinen Strom, keine Zufahrt und auch keine Festnetztelefonie gegeben, beschrieb der Bürgermeister die kritische Lage. Außerdem funktionierten die Toiletten wegen der fehlenden Abflüsse nicht mehr. Den Einwohnern sei daher dringend angeraten worden, ihre Häuser zu verlassen. Die Menschen würden jedoch nicht mit Polizeigewalt aus ihrem Zuhause geholt, betonte der Bürgermeister.
Hochwasser in Deutschland: Das neue Normal im Klimawandel?
Die Menschen in Windehausen können ab Donnerstag wieder in ihre Häuser zurückkehren. Er habe die Anordnung zur Evakuierung am Vormittag aufgehoben, sagte Bürgermeister Marquardt der Deutschen Presse-Agentur. Nachdem Stromversorgung und Abwasserentsorgung wieder funktionierten, seien die Gründe für die Evakuierung weggefallen. Zunächst sollten sie für die Rückkehr weiterhin Pendelbusse nutzen, nicht eigene Fahrzeuge. Für Ortsfremde gilt weiterhin ein Verbot, den Ortsteil von Heringen zu betreten.
Nach dem Weihnachtshochwasser liegen in Thüringen noch zwei Flusspegel über der Hochwassermeldestufe eins. Dies betrifft die Unstrut in Oldisleben und die Werra in Gerstungen, wie am Donnerstag aus einer Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) hervorging. Sechs Pegel an Werra und Nahe in Südthüringen sowie an Zorge und Bere in Nordthüringen lagen weiter über der Vorwarnstufe (Meldebeginn).
Sachsen-Anhalt: Pretziener Wehr zum Schutz vor Hochwasser geöffnet
Auch in Teilen Sachsen-Anhalts konnte vorsichtig aufgeatmet werden – an der Elbe steigen die Wasserstände jedoch weiter. Im Landkreis Mansfeld-Südharz, wo der Stausee Kelbra nach ungewöhnlich heftigen Regenfällen vollgelaufen ist, wurden keine Überflutungen von Orten erwartet. Es würden voraussichtlich auch keine weiteren Evakuierungen notwendig, teilte der Landkreis am Mittwochvormittag mit. Den rund 180 Bewohnerinnen und Bewohnern der Ortschaft Thürungen war am Vortag geraten worden, ihre Häuser zu verlassen. An der Helme gilt weiter die höchste Hochwasseralarmstufe 4. Entspannung gibt es laut dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft im Norden des Landes sowie im Harz.
Zur Entschärfung der Hochwasserlage in Magdeburg und Schönebeck hat der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft das Pretziener Wehr geöffnet. Damit wird etwa ein Drittel des Elbe-Wassers an den beiden Städten vorbei durch einen Kanal geleitet, ehe es wieder in die Elbe fließt. Auf den umliegenden Deichen verfolgten am Donnerstagvormittag mehrere Hundert Menschen das Geschehen.
"Die intensiven Regenfälle in den vergangenen Wochen haben landesweit zu einem deutlichen Anstieg der Flusspegel geführt, so dass zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser erstmalig wieder das Pretziener Wehr gezogen werden muss", sagte Umweltminister Armin Willingmann laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Das etwa 135 Meter lange Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden.
In Halle ist der Wasserstand der Saale zurückgegangen. Mit 4,60 Meter habe sich am Donnerstagmittag am Unterpegel Trotha die Hochwasserlage im Stadtgebiet im Vergleich zum Vortag weiter entspannt, teilte die Stadtverwaltung mit. Der Scheitel habe bei 4,94 Metern gelegen. Bis zum Pegelstand von 4,50 Meter gilt noch die Alarmstufe 2. Mit einem weiteren Rückgang werde in den kommenden Tagen gerechnet.
Niedersachsen: Verschärfung der Lage an Silvester befürchtet
Die Hochwasserlage in Niedersachsen bleibt weiterhin sehr angespannt und verschärft sich lokal. Das geht aus der Vorhersage des Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von Mittwochmittag hervor. Insgesamt meldeten 71 von 97 Pegeln in Niedersachsen Hochwasser, davon 40 die höchste Meldestufe 3. Kritisch war die Situation demnach insbesondere im Süden an der Weser sowie in den Einzugsgebieten von Aller, Leine und Oker.
Rund 100.000 Einsatzkräfte bewältigten in den vergangenen Tagen etwa 20.000 Hochwasser-Einsätze, wie Landesbranddirektor Dieter Rohrberg berichtete. Unter anderem wurden Keller leergepumpt und wichtige Infrastruktur wie Krankenhäuser gesichert. Die Situation sei unter Kontrolle, man könne aber noch keine Entwarnung geben, betonte Rohrberg. Man sei besser vorbereitet als in früheren Jahren. Das Land habe viel Geld in den Hochwasserschutz, Fahrzeuge und Geräte investiert.
Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens besuchte am Mittwoch in Braunschweig, Rinteln und bei Celle vom Hochwasser betroffene Gebiete. Dort dankte die SPD-Politikerin den haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. "Ohne Sie wäre in weiten Teilen Niedersachsens nicht nur buchstäblich Land unter, sondern es wären auch viele Menschenleben in Gefahr", sagte Behrens. Die Ministerin wünschte den vom Hochwasser betroffenen Menschen "ganz viel Kraft".
Für das kommende Wochenende, an dem wieder mehr Regen erwartet wird, sicherte Behrens Unterstützung zu. "Dazu gehört die Bereitstellung von Fahrzeugen und Geräten oder die Organisation von Sandsäcken aus anderen Bundesländern", sagte sie.
Katastrophenalarm wurde bisher in keinem niedersächsischen Landkreis ausgelöst, allerdings stellten die Landkreise Celle, Emsland, Hildesheim und am Mittwochnachmittag auch Osterholz eine Vorstufe fest. "Das nennt sich ein außergewöhnliches Ereignis", sagte der Landesbranddirektor. Die Landkreise hätten dann unter anderem einen einfacheren Zugriff auf Hilfskräfte. Besonders betroffen sei die Stadt Sarstedt im Landkreis Hildesheim, wo die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen.
Deichriss in Lilienthal
Im Landkreis Osterholz liegt Lilienthal, dort riss nach Angaben der örtlichen Feuerwehr am Mittwochnachmittag ein Deich. Der betroffene Bereich werde von den Einsatzkräften evakuiert, teilte die Feuerwehr über Facebook mit. Die Anwohner würden mit einem Shuttleservice in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden. Lilienthal grenzt an Bremen.
"Wir harren der Dinge, die da kommen", sagte Bürgermeister Kim Fürwentsches (CDU) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Für den Moment könne keine Entwarnung gegeben werden, da für die kommenden Tage auch wieder Regenfälle gemeldet worden seien. In Vorbereitung darauf würden Bäume an den Deichen gefällt, die wegen des aufgeweichten Bodens umzufallen drohten. Umstürzende Bäume könnten die Deiche massiv beschädigen, sagte Fürwentsches.
Im Landkreis Celle kommt es wegen des Hochwassers zu mehreren kritischen Bereichen. Am schwierigsten sei die Lage um die Samtgemeinde Flotwedel, wie der Landkreis am Donnerstag mitteilte. Dort müssten die Einsatzkräfte massiv von außerhalb unterstützt werden. Die Orte Wienhausen und Langlingen würden mithilfe von Hochleistungspumpen möglichst von Wasser freigehalten. Insgesamt wurden in diesen Orten laut Landkreis bereits mehr als 150.000 Sandsäcke verbaut und ein sogenanntes mobiles Deichsystem werde zusätzlich installiert. Altenheime mussten demnach bislang nicht evakuiert werden.
Zudem gebe es in der Stadt Celle einige Bereiche, die die Feuerwehren sehr kritisch beobachteten. Derzeit schafften es die lokalen Einsatzkräfte aber noch, die Lage im Griff zu behalten. In Celle seien einige Straßen wegen des Hochwassers gesperrt.
Ein orientierungsloser Mann wurde bei Rotenburg in Niedersachsen aus den Fluten der Wümme gerettet. Er hatte sich am Mittwoch mit seinem Auto in dem über die Ufer getretenen Fluss festgefahren, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Polizisten retteten den 84 Jahre alten Mann aus Schleswig-Holstein zusammen mit einem Zeugen, der den Notruf abgesetzt hatte. Der Mann war den Angaben nach stark unterkühlt und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Sein Gesundheitszustand habe sich dann stabilisiert.
Serengeti-Park unter Wasser
Am Oberlauf der Weser von Hann. Münden bis Höxter in Nordrhein-Westfalen sanken die Wasserstände am Mittwoch laut NLWKN wieder, für die Mittelweser wurden aber steigende Pegelstände vorhergesagt. Am Pegel Drakenburg im Landkreis Nienburg könne sogar der bisherige Rekordstand aus dem Jahr 1981, nämlich 8,34 Meter, überschritten werden, hieß es.
Wegen der heftigen Regenfälle im Harz wird seit der Nacht auf Dienstag aus der Okertalsperre und Innerstetalsperre mehr Wasser als üblich abgelassen. Sind die Talsperren komplett gefüllt, öffnen sich die sogenannten Notüberläufe automatisch. In Braunschweig verschärfte sich die Lage trotz des erhöhten Wasserzustroms in die Oker nicht. "Die Hochwasserlage in Braunschweig hat sich stabilisiert", sagte ein Stadtsprecher.
Das Hochwasser hat auch den Serengeti-Park Hodenhagen stark getroffen: Weite Teile des Geländes nördlich von Hannover sind nach Parkangaben überflutet und teilweise gar nicht oder nur noch mit Unimogs oder Traktoren zu erreichen. In Lingen (Emsland) wurde ein Campingplatz an der Ems geräumt. "Das Betreten ist wegen des Hochwasserpegels nicht erlaubt", teilte die Stadt am Mittwoch mit. Etwa 60 Camper seien betroffen.
Die ersten Tiere wurden wegen des Hochwassers ebenfalls evakuiert. In einigen Stallungen der Dschungel-Safari mit mehr als 200 Affen sei Wasser eingedrungen, sagte eine Sprecherin am Donnerstag. Lemuren, Varis, Präriehunde und Erdmännchen mussten ihre Gehege verlassen und seien nun woanders auf dem Gelände nördlich von Hannover untergebracht. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil machten sich am Donnerstag ein Bild von der Lage im Tierpark.
Schaulustige behindern Hochwasser-Einsatz in Meppen
Zahlreiche Schaulustige haben die Arbeit von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) gegen das Hochwasser in Meppen behindert. Der Hochwassertourismus gefährde den Einsatz, kritisierte Feuerwehrsprecher Sven Lammers am Donnerstag. "Das ist unsere größte Sorge. Wir müssen hier viele Leute wieder rausschicken aus dem Einsatzgeschehen."
In Meppen droht im Stadtteil Esterfeld eine Evakuierung aufgrund des Hochwassers, wie der Sprecher weiter mitteilte. Ein Deich sei dort auf einer Länge von rund 350 Metern aufgeweicht. Die Einsatzkräfte bauen aus mit Sand befüllten Big-Bags einen zweiten provisorischen Deich, der den Stadtteil schützen soll.
Deiche bei Verden beschädigt – Vorland evakuiert
Das Hochwasser hat Deiche in der Nähe von Verden beschädigt. Es komme zu sogenannten Qualmwasseraustritten an mehreren Stellen, wie die Feuerwehr am Donnerstag mitteilte. Daher sei unter anderem ein Campingplatz im Deichvorland evakuiert und einige Dutzend Menschen und Tiere in Sicherheit gebracht worden. Qualmwasser bezeichnet Wasser, das durch die Deiche durchsickert. Einsatzkräfte würden versuchen, das Aufbrechen der Deiche zu verhindern.
Betroffen ist den Angaben nach unter anderem ein Deichstück am Fluss Aller – kurz vor der Mündung in die Weser. Die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk seien im Einsatz, um den Wasseraustritt sowie eine mögliche Ausspülung der Deiche zu verhindern. "Die Lage ist ernst", sagte ein Feuerwehrsprecher.
Das NLWKN rechnet für die Unterläufe von Aller, Leine und Oker mit weiter steigenden Wasserständen. In den nächsten Tagen seien jedoch keine größeren landesweiten Niederschläge zu erwarten, was die Lage etwas entspanne. Doch am Wochenende wird wieder mehr Regen erwartet. In Neustadt am Rübenberge in der Region Hannover blieb ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug im Wasser stecken, nachdem er eine Straßensperrung an der Leine ignoriert hatte, so die dortige Feuerwehr.
Okertalsperre hat maximale Kapazität erreicht
Trotz des erhöhten Wasserzustroms der Oker hat sich die Lage in Braunschweig nicht verschärft. "Die Hochwasserlage in Braunschweig hat sich stabilisiert", erklärte ein Sprecher der Stadt am Mittwoch. Der Wasserstand der Oker habe sich während der Nacht zu Mittwoch auf gleichbleibendem Niveau bewegt. Das Wasser aus der Okertalsperre im Harz, wo am Dienstag der Notüberlauf geöffnet wurde, habe sich stark in der Fläche verteilt, so der Sprecher. Daher seien die Pegelstände der Oker in Braunschweig nur moderat gestiegen.
Die Hochwasser-Situation im Landkreis Northeim bleibt angespannt. Auch dort sind Deiche aufgeweicht. Daher bittet die Kreisfeuerwehr Northeim eindringlich darum, die Deichanlagen in der Region nicht zu betreten, berichtet das "Göttinger Tageblatt" am Mittwoch. Die Harzwasserwerke lassen in Abstimmung mit der Talsperrenaufsichtsbehörde weiterhin mehr Wasser aus den Talsperren ab, um die anstehenden Hochwasserwellen aus dem Harz speichern zu können. Einige der Talsperren waren bereits zu 95 Prozent gefüllt.
Die Böden an den Überflutungsflächen seien inzwischen aber gesättigt, so der Sprecher. Es werde daher etwas dauern, bis das Wasser abfließen könne. Man gehe davon aus, dass die Hochwasserstände noch einige Tage im Bereich des aktuellen Niveaus bleiben. "Es werden nur geringe neue Niederschläge erwartet, so dass das Hochwasser in Braunschweig nach Einschätzung des Krisenstabs heute etwa auf dem aktuellen Stand bleiben wird", so der Sprecher.
Talsperre im Weserbergland voll
In der Stadt Rinteln mussten am Dienstag mehr als 100 Anwohner evakuiert werden, weil ein Damm durchzuweichen und eine Straße zu überschwemmen drohte, wie die "Schaumburger Nachrichten" berichteten. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, hätten Einsatzkräfte der Feuerwehr die Straße in der Nacht zum Mittwoch gesichert und ein vom Land bereitgestelltes Hochwasserschutzsystem aufgebaut. Mittlerweile hat die Stadt die Evakuierung wieder aufgehoben, die Anwohner der betroffenen Straße konnten am Mittwochmorgen in ihre Häuser zurückkehren.
Bremen: Pegel stagnieren
Die Hochwasser-Lage in Bremen hat sich stabilisiert. Die Pegel stagnieren, sagte ein Feuerwehrsprecher am frühen Donnerstagmorgen. Nachdem im Stadtteil Borgfeld Bewohner am Mittwoch mehrere Häuser an der Wümme verlassen mussten und auch im Ortsteil Timmersloh Grundstücke vom Hochwasser betroffen waren, konnte an den Deichen nachgearbeitet werden. Nach Angaben des Sprechers wurden 15.000 Sandsäcke in Timmersloh verbaut. Es fanden keine Evakuierungsmaßnahmen mehr statt.
Nordrhein-Westfalen: Leichte Entspannung beim Hochwasser
Weitgehend trockenes Wetter am Mittwoch und Donnerstag hat die Hochwasserlage in Nordrhein-Westfalen leicht entspannt. Die Meteorologen warnen aber vor neuem Regen schon in der Nacht zum Freitag und am Wochenende. Das geht aus einer Mitteilung des DWD am Donnerstag in Essen hervor.
Besonders vom Hochwasser betroffen war am Donnerstag weiter die Weser im Osten des Landes, wo an vier Pegeln zwischen dem hessischen Bad Karlshafen und Petershagen der Schwellenwert der höchsten Stufe 3 noch überschritten wurde. In Höxter lag der Wasserstand der Weser dagegen wieder unter dem Schwellenwert 3, bei dem bebaute Gebiete in größerem Umfang überflutet werden können.
An der Lippe und ihrem Nebenfluss Glenne im Kreis Soest entspannte sich die Situation ebenfalls leicht. Angesichts des möglichen neuen Regens erhalte der Kreis aber die Großeinsatzlage mit Krisenstab weiter aufrecht, sagte eine Kreissprecherin. Einsatz-Schwerpunkte seien nach wie vor Lippstadt und die Gemeinde Lippetal.
An der Ruhr meldete das Landesumweltamt noch Überschreitungen der Pegelstufe 1, bei der land- und forstwirtschaftliche Flächen überflutet werden können. Die Abflüsse zeigten aber eine fallende Tendenz, hieß es am Donnerstag im Lagebericht des für die Talsperrensteuerung zuständigen Ruhrverbandes in Essen. Der Verband habe deshalb damit begonnen, mehr Wasser aus den Talsperren abzulassen, um neuen Hochwasser-Speicherraum zu gewinnen. Die Talsperren im Ruhr-Einzugsgebiet waren demnach am Donnerstagmorgen zu 91,3 Prozent gefüllt.
Sinkende Wasserstände prognostizierte des Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung auch für die Rheinpegel in NRW – etwa in Köln, Düsseldorf und Duisburg Ruhrort. In Düsseldorf könnte am Donnerstagabend die Marke I für den Wasserstand (7,10 Meter) mit Einschränkungen für den Schiffsverkehr wieder unterschritten werden, hieß es in den Prognosen.
Sachsen: Bange Blicke auf die Elbe
Die Wasserstände in den sächsischen Flüssen fallen wieder – mit einer Ausnahme. Für die Elbe rechnen die Hydrologen nach der jüngsten Prognose erst am Freitag mit einem Rückgang, wie ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) am Donnerstag sagte.
Es werde nur örtlich geringer Regen erwartet, im tschechischen Einzugsgebiet der Elbe bis Freitag weder Niederschläge noch Schneeschmelze. Aktuell werden dort nur noch leicht steigende bis gleichbleibende Wasserstände beobachtet. Ab Freitag dann soll der Wasserstand in der Elbe von der Grenze in Schöna her sinken – und später auch in Dresden und Riesa.
"Am Pegel Ústí nad Labem bildet sich ein langgestreckter Hochwasserscheitel aus und der Wasserstand wird bis heute Nachmittag nur noch wenige Zentimeter ... ansteigen", hieß es. Er bewege sich dann flussabwärts. Für den Pegel Schöna wird noch bis zum Abend ein leichter Anstieg der Wasserhöhe bis etwas oberhalb der Alarmstufe 3 (6 Meter) erwartet. Aktuell waren es dort 6,39 Meter, am Pegel Dresden 5,91 Meter. Dort werde voraussichtlich am Abend die Sechs-Meter-Marke knapp erreicht - normal sind zwei Meter.
In Pirna, dem Tor zur Sächsischen Schweiz, standen beim Pegelstand von aktuell 6,22 Meter die Straßen, ein Parkplatz und der Radweg am Elbufer unter Wasser. Für Riesa und Torgau elbabwärts sind Höchstwerte knapp unter Alarmstufe 3 (6,80 Meter) sowie Alarmstufe 2 (6,60 Meter) prognostiziert. Am Vormittag wurden laut LfULG in Riesa 6,50 Meter und in Torgau 6,36 Meter gemessen. Auch hier werde bis Freitag kein Niederschlag mehr erwartet.
An Mulden und Lausitzer Neiße geht das Wasser unterdessen nach Angaben der Behörde weiter zurück. Am Pegel der Vereinigten Mulde in Bad Düben werde der Richtwert der Alarmstufe 2 unterschritten, hieß es. Im Flussgebiet der Lausitzer Neiße sinke auch in Tschechien und Polen der Wasserstand und bewege sich unter den Hochwassermeldegrenzen. Das wird auch für Schwarze und Weiße Elster erwartet.
Mecklenburg-Vorpommern: Hochwasser für Elbe erwartet – niedrigste Alarmstufe
Nach anderen Regionen Deutschlands wird auch in Mecklenburg-Vorpommern für die Elbe in den kommenden Tagen Hochwasser erwartet. Laut einer Mitteilung des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg wird in Dömitz am Samstag mit Pegeln jenseits fünf Metern und damit über der Schwelle für Alarmstufe 1 von 5 gerechnet. In Boizenburg wird demnach am Sonntag ein Überschreiten von fünf Metern und damit Alarmstufe 1 erwartet. Laut Prognose soll der Scheitel Dömitz am 2. Januar mit 5,7 Meter passieren und damit unter Alarmstufe 2 bleiben. In Boizenburg wird der Scheitelpunkt in den beiden Folgetagen mit rund 5,5 Metern also ebenfalls unterhalb Alarmstufe 2 erwartet.
Nach Aussage des Schweriner Umweltministers Till Backhaus (SPD) wird mit Erreichen der Alarmstufe 1 der Hochwassermeldedienst des Stalu besetzt, um die Hochwasserentwicklung an der Elbe in MV rund um die Uhr zu beobachten und bei Bedarf weitere Schritte einzuleiten. "Die Deichschauen im Herbst haben aber gezeigt, dass unsere Schutzanlagen in gutem Zustand sind. Auch gibt es derzeit keine Baustellen an den Schutzanlagen, die Schwachstellen bedeuten könnten." Donnerstagmittag wurde der Pegel in Dömitz mit gut 4 und in Boizenburg mit fast 3,80 Metern angegeben.
Brandenburg: Elbe-Wasserstand steigt – Stadt trifft Vorbereitungen
Die Stadt Wittenberge an der Elbe im Kreis Prignitz (Brandenburg) trifft Vorbereitungen für eine mögliche Verschärfung der Hochwasserlage. Neben den Beratungen im Rathaus über die Entwicklung des Hochwassers sollen auch Deichläufer vorgehalten werden, wie der Sprecher der Stadt, Martin Ferch, am Donnerstag sagte. Er werde vorsorglich geklärt, wo sich Sandsäcke füllen ließen.
Im Deichvorland sind Flüsse über die Ufer getreten. Tiere dürfen in dem Überschwemmungsgebiet nicht mehr stehen. In der Stadt Wittenberge selbst gibt es aber kein Hochwasser. Deichläufer – also Ehrenamtliche, die Deiche kontrollieren und auf mögliche Schwachstellen überprüfen – müssen laut Stadtsprecher erst aktiv werden, wenn die Hochwasserlage längere Zeit anhalte.
Der Elbe-Wasserstand am Pegel Wittenberge lag am Donnerstagvormittag bei über 4,90 Meter. Für den Freitag wurde das Erreichen der Alarmstufe 2 erwartet, das wäre ein Wasserstand von mindestens 5,50 Meter. Vorhergesagt wurde laut Landesamt für Umwelt ein Wasserstand von über 6 Metern Anfang Januar. Auch im Elbe-Elster-Kreis und an der Havel am Pegel Rathenow galt Hochwasser-Alarmstufe 1 – die niedrigste von insgesamt vier Stufen. Die Hochwasserlage ist in Brandenburg aber weit weniger angespannt als in anderen Bundesländern.
Rheinland-Pfalz: Hochwasser geht zurück
Die Wasserstände in Rheinland-Pfalz sinken weiterhin. "An den Oberrheinpegeln fallen die Wasserstände", teilte die Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz am Mittwoch mit. Am Oberrhein sei die Meldehöhe von sieben Metern am Pegel Maxau bereits unterschritten, am Pegel Mainz mit einer Meldehöhe von 5,5 Metern sollte es im Laufe des Mittwochs so weit sein. Mindestens bis zum Jahreswechsel sollen die Wasserstände dort weiter fallen.
Am Mittelrhein sollen die Wasserstände laut Vorhersagezentrale mindestens bis zum Wochenende fallen. Die Meldehöhe von fünf Metern am Pegel Koblenz soll nach derzeitigen Prognosen am Freitag unterschritten werden. Auch an der Sieg fallen die Wasserstände demnach noch bis Freitag rasch. Da dort am Freitag mit neuen Niederschlägen gerechnet werden müsse, sei daraufhin ein erneuter Anstieg der Sieg am Pegel Betzdorf aber nicht ausgeschlossen.
Hessen: Wasserstände sinken weiter
Die Hochwasserlage in Hessen entspannt sich weiter. An den meisten Pegeln sind die Wasserstände weiter gefallen, wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) am Donnerstag mitteilte. Bei Regen könnten demnach allerdings an einzelnen Pegeln in den kommenden Tagen wieder Meldestufen überschritten werden. "Durch neue Niederschläge ab Freitag könnten die Pegelstände vor allem in den Oberläufen der hessischen Gewässer wieder ansteigen", so das HLNUG. Nach aktuellen Berechnungen der Behörde werden die Wasserstände das Ausmaß der Feiertage aber nicht erreichen.
Hohe Wasserstände verzeichnet die Behörde weiterhin für Werra und Weser. Sie werden demnach voraussichtlich weiterhin auf hohem Niveau bleiben und nur langsam fallen. An der Weser liege der Pegelstand bei Bad Karlshafen weiterhin knapp in der Meldestufe 3. Laut HLNUG werde diese aber voraussichtlich im Laufe des Donnerstags unterschritten.
Die Meldestufe 1 ist erreicht, sobald ein Gewässer randvoll ist und an einigen Stellen das Wasser über das Ufer tritt. Die Meldestufe 2 entspricht nach HLNUG-Definition einem "größeren Hochwasser", das ufernahe Grundstücke überflutet und vereinzelt Keller überlaufen lässt. Ab der Meldestufe 3 werden Ortschaften vom Hochwasser eingeschlossen, Straßen sind dann unpassierbar.
Bayern: Hochwasserlage entspannt sich weiter
Die Hochwasserlage in Bayern entspannt sich nach Angaben des Hochwassernachrichtendienstes (HND) weiter. An der Donau käme es bei fallenden Wasserständen noch zu kleinen Ausuferungen in Meldestufe 1, wie es am Mittwoch im Lagebericht hieß. Abschnittsweise würden die Meldestufen 2 bis 3 erreicht werden, jedoch mit rückläufiger Tendenz. Am Main im Raum Würzburg sei der Scheitel bei Meldestufe 2 erreicht, bei Ebelsbach würde diese nur knapp erreicht. Weiter südlich komme es abschnittsweise noch zu kleinen Ausuferungen in Meldestufe 1.
An allen Gewässern im Maineinzugsgebiet fielen die Wasserstände bei Meldestufe 1 und Meldestufe 3 in Neustadt bei Coburg, Waidhofen und Kemmern, die erhöhten Pegel sollen jedoch bis zum Ende der Woche anhalten. An der Itz fielen die Wasserstände nur langsam. Auch bei den nördlichen Donauzuflüssen Naab, Regen und Wörnitz fielen die Pegel weiter, hieß es im HND-Lagebericht. An Altmühl und Schwarzer Laber sowie am Ammersee wiesen demnach einige Pegel eine langsam fallende Tendenz auf, Ausuferungen in Meldestufe 1 seien weiter möglich. Da bis Freitagfrüh mit keinen relevanten Niederschlägen gerechnet wird, erwartet der Hochwassernachrichtendienst, dass sich die Lage noch weiter entspannt.
Beeinträchtigungen bei der Bahn
Aufgrund der Witterung und den langanhaltenden Regenfällen ist der Zugverkehr in allen Netzen der Nordwestbahn weiter beeinträchtigt. Die Strecke zwischen Bremen Hauptbahnhof und Oldenburg ist am Donnerstag komplett gesperrt, wie die Bahn mitteilte. Grund sei eine witterungsbedingte Störung an einem Stellwerk in Delmenhorst.
Fahrgäste müssen sich nach Angaben der Nordwestbahn auch in den nächsten Tagen auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen. Die Bahnverbindung zwischen Oldenburg und Osnabrück sei wegen des Hochwassers voraussichtlich bis Anfang Januar eingeschränkt, sagte eine Sprecherin der Nordwestbahn. "Wir kommen da noch nicht hin." Auf der Strecke seien auch noch keine Erkundungsfahrten möglich, um das Ausmaß der Schäden zu begutachten und mit den Reparaturen zu beginnen.
Für die Linie des Regional-Expresses 18 zwischen Wilhelmshaven, Oldenburg und Osnabrück gilt deshalb bis einschließlich 2. Januar ein Ersatzfahrplan. Züge aus Wilhelmshaven fahren nach Angaben der Nordwestbahn vorerst bis Oldenburg, wenden und fahren zurück. Züge aus Osnabrück fahren bis Huntlosen und kehren dort wieder zurück nach Osnabrück. Das Unternehmen bemüht sich um einen Schienenersatzverkehr mit Bussen und bittet Fahrgäste, sich online zu informieren.
Auch am Stellwerk in Diepholz gibt es laut Nordwestbahn witterungsbedingte Störungen. Der Bahnhof in Twistringen könne vorerst nicht angefahren werden. Auf der Strecke zwischen Bremen und Leer (Ostfriesland) kommt es nach Angaben der Bahn ebenfalls wegen eines defekten Stellwerks zu Haltausfällen und Verspätungen.
Bis Mittwoch war auch der Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Hannover und Magdeburg beeinträchtigt. IC-Züge würden in beiden Fahrtrichtungen umgeleitet und verspäteten sich dadurch um etwa 30 Minuten, teilte die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite mit. Hintergrund sind demnach Gleisunterspülungen auf der Strecke von Magdeburg nach Helmstedt.