Die Mehrwertsteuererhöhung mache deutliche Preiserhöhungen nötig. "Damit trifft sie Normal- und Geringverdiener besonders hart", so Zöllick. Er warnte vor Umsatzverlusten, Betriebsaufgaben und Jobkündigungen - und in der Folge für den Staat gar nicht so viel höheren Steuermehreinnahmen als gedacht.
Die Mehrwertsteuersenkung wurde Mitte 2020 eingeführt, also in den ersten Monaten der Corona-Krise. Für einige Zeit galt wegen einer weiteren allgemeinen Mehrwertsteuersenkung sogar nur ein Satz von 5 Prozent, seit Januar 2021 waren es durchgehend 7 Prozent. Die Senkung für die Gastronomie wurde aufgrund der Energie-Krise und der zeitweise hohen Inflation besonders bei Lebensmitteln immer wieder verlängert. Die Bundesregierung verband damit die Hoffnung, dass die Gastronomen die Mehrkosten durch Energie und Inflation nicht sofort an die Kunden weitergeben.
Die Preise in den Restaurants, Cafés und Bars stiegen in den vergangenen beiden Jahren dennoch bundesweit deutlich: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts kosteten "Gaststättendienstleistungen" im Oktober rund 20 Prozent mehr als im Januar 2021. Im Vergleich zu Februar 2022, also dem Monat, in dem der Ukraine-Krieg begann, liegt das Plus bei etwas mehr als 14 Prozent.
Was die nun anstehende Steueranpassung effektiv für die Preise in der Speisekarte bedeuten könnte, wird anhand einiger Beispiele deutlich:
- Ein Salat für jetzt 10,70 Euro kostet bald 11,90 Euro.
- Für ein Nudelgericht für aktuell 15 Euro sind bald 16,68 Euro fällig.
- Der Preis für beispielsweise ein Steak springt von 25 Euro auf 27,80 Euro.
- Für weitere Beispiele: Die jetzt in den Speisekarten aufgeführten Preise steigen mit dem Mehrwertsteuerplus um 11,2 Prozent.
Voraussetzung für die Beispielrechnungen ist, dass die Gastronomen die Steuererhöhung eins zu eins an die Kunden weitergeben. Machen sie das nicht, verdienen sie mit jedem verkauften Gericht weniger als aktuell. Da die Preise für Lebensmittel und Energie absehbar weiter steigen, sind auch Preisaufschläge von mehr als den erwähnten 11,2 Prozent zu erwarten.
Für die Gastronomie und das Gastgewerbe insgesamt (inklusive Beherbergung) stehen damit absehbar weiterhin schwere Zeiten bevor. Die Branche hatte sich von der Corona-Krise mit den für sie besonders schwerwiegenden Einschränkungen noch nicht erholt, als der Ukraine-Krieg ausbrach und die Preise plötzlich in die Höhe schossen. Das zeigen einige Zahlen:
- Von Januar bis Juni erwirtschaftete das Gastgewerbe nominal 9,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2019, also vor der Corona-Pandemie. Rechnet man die Preissteigerungen raus, steht ein Umsatzverlust von 10,4 Prozent zu Buche.
- Die Zahl der Unternehmen im Gaststättengewerbe war vor der Pandemie relativ stabil und lag jahrelang zwischen 163 000 und 165 000. In den Jahren 2020 und 2021 mussten rund 27 000 Unternehmen schließen, für 2022 fehlen noch die Zahlen. Der Dehoga befürchtet, dass durch die Mehrwertsteuererhöhung nun weitere 12 000 Betriebe verloren gehen könnten.
Das Gaststättenverband war mit seiner Kritik an den Plänen der Bundesregierung zuletzt nicht allein. Anfang November machten sich insgesamt 17 Verbände für 7 Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie stark. Mit dabei waren etwa der Deutsche Bauernverband, der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft und der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. Genützt hat das nichts. Aus der Ampel-Koalition hieß es am Freitag, dass 7 Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie aktuell nicht zu finanzieren seien.
Aus der Sicht von CSU-Chef Markus Söder ist Erhöhung der Mehrwertsteuer ein völlig falsches und fatales Signal. "Sie führt zu höheren Lebensmittelpreisen, ist mittelstandsfeindlich und heizt die Inflation nur zusätzlich an. Unsere Wirtschaft und Bevölkerung müssen in diesen Krisenzeiten entlastet werden - und nicht belastet", sagte der bayerische Ministerpräsident. "Anstatt die Preise beim Essen zu erhöhen, braucht es eine Senkung der Steuer auf Grundnahrungsmittel auf null Prozent", betonte Söder. Wenn ausgerechnet die FDP dieser Steuererhöhung zustimmen würde, "wäre dies ein beispielloser Wortbruch, der zum Verlust von Arbeitsplätzen führt und berufliche Existenzen vernichtet. Mittelstand und Gastronomie brauchen unsere Unterstützung und keine Benachteiligung."
Die Branche hatte bis zuletzt vehement dafür geworben, die Steuersenkung nicht auslaufen zu lassen. "Die Politik hat einmal mehr sämtliche Warnungen von Branchenverbänden in den Wind geschlagen. Sie geht statt dessen einen Sonderweg im Vergleich zu anderen europäischen Staaten auf Kosten der Betriebe und der Bürger, um das Steueraufkommen zu erhöhen", sagte Achim von Michel vom Verband Der Mittelstand.BVMW in Bayern. Durch die Anhebung der Mehrwertsteuer stünden allein in Bayern circa 2400 Betriebe vor dem Aus. "Die jüngste Entscheidung vernichtet erneut Zehntausende Arbeitsplätze in Bayern und in ganz Deutschland."