Le Maire dürfte es allerdings nicht leicht fallen, seinen 34 Jahre alten, ehemaligen beigeordneten Haushaltsminister nun als Vorgesetzten zu haben. Offen ist, ob es neben Le Maire - er spricht fließend Deutsch - weiterhin Ministerinnen und Minister mit guten Verbindungen nach Deutschland geben wird. Außenministerin Catherine Colonna, die einen guten Draht zu Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat, könnte ausgewechselt werden.
Es gilt als ausgemacht, dass einige Regierungsmitglieder, die zuletzt das Einwanderungsgesetz scharf kritisiert hatten, ihren Posten verlieren werden. Da bei der Umbildung das Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern gewahrt bleiben soll und zudem die Interessen der verbündeten Parteien berücksichtigt werden müssen, wird mit der Vorstellung des neuen Kabinetts erst in einigen Tagen gerechnet.
Zu den Ministern, die nach den jüngsten Spekulationen nicht verlängert werden könnten, zählen etwa Verkehrsminister Clément Beaune und Kulturministerin Rima Abdul Malak, die beide große Bedenken gegen das verschärfte Einwanderungsgesetz gehabt hatten. Für das Kulturministerium sollen der Monarchie-Experte Stéphane Berne und die ehemalige Fernsehmoderatorin Claire Chazal im Gespräch sein, die beide einen gewissen Promifaktor haben.
Ein Nachfolger für Attal im Bildungsministerium ist bislang nicht in Sicht. Attal hatte bereits in seiner ersten Ansprache angekündigt, die Schulpolitik auch in seinem neuen Amt weiterverfolgen zu wollen. Sie sei die "Mutter aller Schlachten", sagte er. Auch Macron liegt sehr an der Schulpolitik, mit deren Hilfe er die "Aufrüstung der Gesellschaft" vorantreiben will. Manche sehen darin auch einen Einfluss seiner Frau Brigitte, einer früheren Lehrerin.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Attal am Mittwoch und will mit ihm nach eigener Aussage "die deutsch-französische Freundschaft gestalten". "Unsere beiden Länder sind auf ganz besondere Weise miteinander verbunden - zwei starke Partner im Herzen Europas", betonte Scholz in seinem Glückwunsch. Scholz hatte Attal bereits am Dienstag gleich nach seiner Ernennung im Onlinedienst X auf Französisch gratuliert.
Attal bedankte sich auf demselben Weg, wobei er den Kanzler mit dem Vornamen ansprach und siezte. "Wenn Frankreich und Deutschland Hand in Hand gehen, wird Europa stärker und kommt voran", schrieb er. Auf Deutsch fügte er hinzu "Bis bald". Attal hatte bislang wenig offizielle Verbindungen zu Deutschland.
Der neue Premierminister war am Dienstagabend nach einem ersten Ortstermin in den nordfranzösischen Hochwassergebieten erneut mit Macron zusammengetroffen, vermutlich um Personalfragen zu besprechen.
Attal ist der jüngste Premierminister, den Frankreich je hatte und der erste offen homosexuelle Politiker auf diesem Posten. Er hat eine ungewöhnliche Blitzkarriere hinter sich: Seit er mit 29 Jahre als Staatssekretär für die Jugend in die Regierung eintrat, wurde er Regierungssprecher, beigeordneter Haushaltsminister und vor einem knappen halben Jahr schließlich Bildungsminister.
In diesem Amt setzte er ein Verbot der von manchen muslimischen Mädchen getragenen, langen Überkleider an Schulen durch. Außerdem sprach er sich für das probeweise Einführen von Schuluniformen aus - beides Anliegen, die vor allem der rechten Wählerschaft gefallen sollten.