In den 1970er Jahren wurde Modrow deshalb aus der Machtzentrale Berlin weg als 1. Bezirkssekretär in die Provinz nach Dresden geschickt. Nach dem Fall der Mauer qualifizierte ihn das für Führungsaufgaben in der sich erneuernden SED. Nur vier Tage danach wurde Modrow am 13. November 1989 zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR als Nachfolger von Willi Stoph gewählt - für rund 150 Tage.
Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verlor die SED-PDS die Macht und Modrow einen Monat später sein Amt. Ihm folgte als letzter Ministerpräsident der DDR bis zur Wiedervereinigung der CDU-Politiker Lothar de Maizière.
In seiner fünfmonatigen Amtszeit versuchte Modrow mit seinem Drei-Stufen-Plan noch, ein Stück DDR zu retten. Als Preis für die deutsche Einheit forderte er eine militärische Neutralität des neuen Staates. Im März 1990 gründete seine Regierung die Treuhandanstalt, die den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren sollte. Mit dem sogenannten Modrow-Gesetz ermöglichte der DDR-Ministerpräsident zahlreichen Haus- und Hof-Besitzern, die Grundstücke, auf denen ihre Häuser standen und die oft nach dem Krieg enteignet worden waren, sehr preiswert zu kaufen. "Der gesamte friedliche Verlauf der Herstellung der Deutschen Einheit war gerade ein besonderes Verdienst von ihm. Das wird sein politisches Vermächtnis bleiben", schrieben Bartsch und Gysi in ihrem Nachruf.
Nach der Wiedervereinigung saß Modrow von 1990 bis 1994 für die PDS im Deutschen Bundestag und vertrat sie von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Den neuen Staat sah der Sozialist durchaus kritisch. Zu schnell sei die deutsche Einheit vollzogen worden, zu bedingungslos sei die DDR untergegangen, und zu einseitig sei sie als "Unrechtsstaat" verdammt worden, rügte Modrow in vielen Interviews. Als Mann der alten Garde trauerte er den einstigen kommunistischen Idealen der DDR hinterher. Bis ins hohe Alter beriet er die Linke als Vorsitzender deren Ältestenrats. Er machte dabei deutlich, dass er sich als früherer Ministerpräsident "weiter in Verantwortung auch den ehemaligen DDR-Bürgern gegenüber" sehe.
dp/pcl