Sie treiben damit eine laufende Normalisierung mit Assad in der Region voran, der nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien 2011 jahrelang isoliert war. Im Westen gelten Gespräche mit Assad, dessen Regierung die EU und USA mit umfassenden Sanktionen belegte, als tabu. Diese Strafmaßnahmen waren eine Reaktion auf die gewaltsame Unterdrückung der Zivilbevölkerung durch die Assad-Regierung. Aus den Massenprotesten gegen Assad entwickelte sich später ein Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung. "In Syrien ist der politische Prozess zur Lösung des Konflikts weiter in weiter Ferne. Seit über zehn Jahren gibt es nur Blutvergießen, unglaubliches menschliches Leid, über das kaum mehr berichtet wird", sagte Baerbock. Deutschland wie auch Partner in der Region erhofften sich ein Signal von dem Gipfeltreffen am Freitag, dass die Normalisierung mit Assad an konkrete Bedingungen geknüpft werde.
Eindringlich rief die Ministerin zu einer Waffenruhe im nordostafrikanischen Sudan auf. Dort ist vor rund einem Monat ein lange schwelender Machtkampf gewaltsam eskaliert. UN-Angaben zufolge starben bislang mindestens 604 Menschen, mindestens 5100 wurden verletzt. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen. "Die Welt schaut auf Sudan, darauf, wie die Generäle ihrer Verantwortung für alle Menschen in Sudan gerecht werden", sagte Baerbock. "Wir müssen daher alles dafür tun, damit der Konflikt nicht zu einem regionalen Flächenbrand wird." Eine Frage sei auch, wie Deutschland seinen Beitrag zur humanitären Hilfe noch ausbauen könne.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien galten über Jahre als zerrüttet, vor allem wegen Saudi-Arabiens Beteiligung am Krieg im Jemen und dem Mord am Journalisten Jamal Khashoggi 2018. Die frühere Bundesregierung hatte die Rüstungsexporte in den Wüstenstaat deshalb weitgehend gestoppt. Die Ampel-Regierung genehmigte 2022 aber trotzdem die Lieferung von Rüstungsgütern für 44,2 Millionen Euro und damit so viel wie seit 2018 nicht mehr. Vor Baerbock war zuletzt 2017 ein deutscher Außenminister in dem Land. Mit Blick auf die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien sagte Baerbock, die ersten Schritte gesellschaftlicher Öffnung hätten viele junge Menschen im Land ermutigt. Zugleich mahnte sie: "Für mich ist es daher selbstverständlich, dass eine Gesellschaft, die Vorbild für eine ganze Region sein will, auch auf die Stimmen seiner Frauen hört - online wie offline."
Am Abend traf sich Baerbock im Kulturzentrum Hai Dschamil auf Initiative der Deutschen Botschaft mit Vertretern der saudischen Kunstszene, darunter Abdulnasser Gharem und Halla bint Chalid. Abdulnasser Gharem gilt als ein Pionier zeitgenössischer Kunst in Saudi-Arabien. Nach 23 Jahren in der saudischen Armee beendete der Oberstleutnant seine militärische Laufbahn 2013, um sich der Kunst zu widmen. In seiner Atelier-Villa in Riad wirbt er für "freien und offenen Dialog" und organisiert kulturelle Veranstaltungen. Seine Arbeiten mit oft kritischer Botschaft sind weltweit zu sehen, etwa in London und Los Angeles. Halla bint Chalid ist Malerin und zugleich eine der bekanntesten Kinderbuchautorinnen Saudi-Arabiens. Auch sie gilt in dem dort noch jungen Metier als eine Wegbereiterin. Sie hat mehr als ein Dutzend Kinderbücher auf Arabisch und Englisch verfasst.
Die Meinungsfreiheit ist in der konservativ regierten Monarchie extrem eingeschränkt. Kritik am Königshaus wird mit aller Härte verfolgt und kann jahrelange Haft bedeuten. Die Kunst im Land bewegt sich häufig auf einem schmalen Grat zwischen subtiler Kritik und Zurückhaltung aus Angst vor möglicher Repression.
Vertiefen wollten Deutschland und Saudi-Arabien angesichts der Klimakrise die Zusammenarbeit bei der Transformation von Industrie und Wirtschaft, sagte Baerbock. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien, bei grünem Wasserstoff gebe es "ein unglaubliches Potenzial, gerade im Bereich der Solarenergie, aber auch bei Wind". Saudi-Arabien zählt zu den größten Ölproduzenten weltweit. Im Zuge eines umfassenden Wirtschaftsumbaus will sich das Land im Rahmen der sogenannten "Vision 2030" unabhängiger machen von Öl und Gas und zu einem führenden Lieferanten von Wasserstoff werden.
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