Doch am 9. Dezember 2019 kam es zur Katastrophe: Der Vulkan brach aus, während Touristen und Reiseführer gerade die Insel besuchten. 22 Menschen kamen letztendlich ums Leben, der Großteil davon australische Urlauberinnen und Urlauber. 25 wurden teils extrem schwer verletzt.
Als der Fall vor Gericht ging, wurden zunächst einige Anklagen fallen gelassen. Doch am Dienstag – fast vier Jahre nach der Katastrophe – kam es nun doch noch zu einem Schuldspruch. Dieser fiel gegen Whakaari Management, die Firma der drei Inselbesitzer James, Andrew und Peter Buttle, die den Vulkan einst geerbt hatten. Über ihre Firma lizenzierten sie andere Unternehmen, Touren zur Vulkaninsel anzubieten. Der Richter Evangelos Thomas kam am Dienstag zu dem Schluss, dass Whakaari Management den Vulkan als Arbeitsplatz "verwaltet und kontrolliert" habe und seiner Pflicht, das dortige Risiko zu minimieren, nicht nachgekommen sei. Der Richter kritisierte "erstaunliche Versäumnisse" seitens des Unternehmens.
Der Firma droht nun eine Geldstrafe von bis zu 1,5 Millionen Neuseeländische Dollar oder umgerechnet rund 825.000 Euro. Die Höhe der Strafe soll im Februar bekannt gegeben werden. Der Fall ist die größte Klage dieser Art, die von der neuseeländischen Aufsichtsbehörde Worksafe NZ jemals eingereicht wurde. Bereits wenige Tage nach dem Unglück war die Frage aufgekommen, wer genau für die Sicherheit der Touristen auf White Island verantwortlich war und wer zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Die rechtliche Lage in Neuseeland ermöglicht es nicht, Zivilklagen gegen die Reiseveranstalter zu erheben, die Touristen auf die Insel brachten.
Ein Unfallentschädigungssystem der neuseeländischen Regierung deckte zwar die Kosten für die gesamte Behandlung von in Neuseeland erlittenen Verletzungen ab – auch für Ausländer – doch Opfer oder Familienangehörige konnten nicht wegen Fahrlässigkeit klagen. Juristische Experten sagten dem "Guardian" damals, dass dieses System es überhaupt ermöglicht habe, den "innovativen" Abenteuertourismus des Landes zu entwickeln, der "anderswo auf der Welt nur schwer zu etablieren wäre".
Einige der Touristen, die ihr Ticket für die Tour jedoch über den Kreuzfahrtanbieter Royal Caribbean Cruises gekauft hatten, erzielten eine finanzielle Einigung, nachdem sie das in Florida ansässige Unternehmen in den USA verklagt hatten. Insgesamt befanden sich 47 Touristen auf der Insel, als der Vulkan an einem Montagnachmittag im Dezember ausbrach. Auf der Insel spielten sich dramatische Szenen ab. Um möglichst viele Menschen zu retten, kam es zu einigen heroischen Taten von Einheimischen, die ihr eigenes Leben riskierten, um Urlauber mit Booten von der Insel zu holen.
Geoff Hopkins, einer der Überlebenden, beobachtete den Ausbruch damals von einem Boot aus. "Ich konnte nur noch diese weiße und graue Wolke sehen, die ziemlich hoch und ziemlich schnell aufstieg", sagte Hopkins damals dem "New Zealand Herald". Im ersten Moment habe das sehr schön ausgesehen, doch dann sei ihnen allen der Horror bewusst geworden. "Die Asche kam wie ein Walze über die Felswand und als sie darüber hinweg war, wurde es plötzlich ziemlich bedrohlich."
Als die Besatzung Menschen ins Meer laufen sah, die vor der Eruption flohen, ließ das Boot ein Schlauchboot ins Wasser, um die Urlauber an Bord zu holen. Der Neuseeländer berichtete, dass manche so schwere Verbrennungen gehabt hätten, dass sie immer wieder bewusstlos wurden. "Die Leute hatten kurze Hosen und T-Shirts an, so dass eine Menge Haut frei war."
Vor allem die Gesichter der Menschen seien extrem verbrannt gewesen. Aber auch unter der Kleidung seien bei fast allen große Brandblasen gewesen, meinte er. Viele hätten vor Schmerzen geschrien und sie hätten alles Wasser, das sie hatten, über die Menschen geschüttet, um den Schmerz zu lindern. Einige der Opfer hatten Verbrennungen an bis zu 90 Prozent ihres Körpers. Neuseeländische Krankenhäuser mussten nach dem Unglück 120 Quadratmeter Haut aus den USA bestellen, um die Überlebenden zu behandeln. Viele australische Patienten wurden nach dem Unglück nach Australien transportiert, um die neuseeländischen Krankenhäuser zu entlasten.
Vor dem Unglück hatten rund 17.500 Urlauberinnen und Urlauber sie pro Jahr besucht. Doch seit der Tragödie ist der Besuch der Insel nicht mehr möglich. Es finden weder Bootstouren noch Hubschrauberflüge, die auf der Insel landen, statt. Nur noch Rundflüge können gebucht werden.
Zunächst wollten lokale Reiseveranstalter die Touren wieder aufnehmen, sobald die Lage auf der Insel wieder "sicher" ist. Doch dies einzuschätzen, ist keine leichte Aufgabe, nachdem auch der Ausbruch 2019 verhältnismäßig überraschend war. Die Alarmstufe war zuvor zwar von eins auf zwei erhöht worden – die Höchststufe ist fünf – doch ein Ausbruch ließ sich davon nicht unbedingt ableiten. Der als Whakaari bekannte Vulkan galt bei den Einheimischen jedoch schon immer als Pulverfass und auch der australische Vulkanologe Ray Cas von der Monash University in Melbourne wies damals darauf hin, dass es sich quasi um eine Katastrophe handelte, "auf die man warten konnte".
White Island ist einer von mehreren Vulkanen in Neuseeland, die jederzeit ausbrechen können. Dort treten sogenannte dampfgetriebene Eruptionen auf, die plötzlich und ohne Vorwarnung passieren. Die Expansion von Wasser in Dampf erfolgt mit Überschallgeschwindigkeit und die Flüssigkeit kann sich auf das 1700-Fache ihres ursprünglichen Volumens ausdehnen. Diese Energie reicht aus, um festes Gestein zu zertrümmern, Krater zu graben und Gesteinsbruchstücke und Asche bis in weite Entfernungen auszustoßen. Neben Verbrennungen ist die Gefahr groß, von Gesteinsstücken erschlagen zu werden oder an Atemwegsverletzungen zu sterben.