"Wie bei allen wichtigen Zukunftsaufgaben müssen wir massiv investieren, und zwar ganz gezielt da, wo der Bedarf am größten ist", fügte sie hinzu. Viel zu viele Schülerinnen und Schüler verließen die Schule ohne Abschluss. "Das Startchancenprogramm der Bundesregierung, das im Herbst starten soll, ist ein guter Ansatz, muss aber wesentlich breiter angelegt werden", forderte Esken.
Der Deutsche Philologenverband forderte eine Entlastung der Lehrkräfte. "Lehrkräfte müssen umgehend und nachhaltig von unterrichtsfernen Aufgaben entlastet werden – sie sind weder Hilfskräfte in der Verwaltung, Sozialarbeiter noch Reiseverkehrskaufleute", sagte die Bundesvorsitzende des Verbandes, Susanne Lin-Klitzing.
Viele der Probleme, die die Pisa-Erhebung aufgezeigt habe, seien hausgemacht. "Die Politik hat es versäumt, Lehrkräfte ausreichend auszubilden und Schulen ausreichend auszustatten. Auch die Sparpolitik in vielen Bundesländern fällt uns jetzt auf die Füße", so die Verbandschefin.
Die Pressestimmen zum Pisa-Desaster:
Die "Westfälische Nachrichten" schreibt zur Pisa-Studie:
"Natürlich hat die Corona-Pandemie auch im Bildungswesen ihre Spuren hinterlassen. Hybrid-Unterricht und Schulschließungen waren im Rückblick eine Katastrophe. Die globale Seuche mag erklären, dass die Leistungen international zurückgegangen sind. Das besonders schlechte Abschneiden der Schüler in Deutschland lässt sich damit jedoch nicht begründen. Die Wahrheit ist doch: Das deutsche Bildungssystem ist auf den Hund gekommen, die Miserere derart komplex, dass das Wehklagen über die Missstände oft einer Kapitulation gleicht. Ob die alarmierenden Ergebnisse der Pisa-Studie 2023 wieder wie ein Weckruf wirken, darf darum getrost bezweifelt werden. Dennoch: Das Thema ganzheitliche Bildung gehört auf der politischen Agenda endlich nach ganz oben. Pflichtschuldige Fensterreden und tränenreiche Klagelieder helfen niemandem."
"Augsburger Allgemeine" zur Pisa-Studie:
"Das Land der Dichter und Denker - eine Bildungswüste? Mehr als 20 Jahre nach dem berühmten Pisa-Schock hinkt Deutschland im international renommiertesten Vergleich dieser Art noch immer weit hinter den Besten her. Dass die Situation an Bayerns Schulen tendenziell besser ist als an denen anderer Bundesländer, wird vielen Eltern dabei nur ein schwacher Trost sein. Auch im Freistaat wird allzu häufig nur der Mangel verwaltet. Zu wenige Lehrer, zu große Klassen, zu viele Hängen- und Zurückbleiber."
Das "Handelsblatt" schreibt zum deutschen Pisa-Desaster:
"Wir stecken das Geld eher ins Gymnasium als in die Grundschule und wissen seit Jahrzehnten, dass das falsch ist. Wir wissen dank Pisa auch, dass in Deutschland der Zusammenhang zwischen Schulerfolg und Elternhaus so eng ist wie fast nirgendwo sonst. Unser Schulsystem schafft es nicht, Kinder so zu fördern, wie es nötig und möglich wäre. Darauf weisen Experten schon lange hin. Unser System hat bereits 20 Prozent Schulversager "produziert", die nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können, als der Migrantenanteil noch bei einem Zehntel lag. Und exakt diese Unfähigkeit wirkt sich mit den vielen Zuwanderern noch mehr aus. Denn diese brauchen allein wegen der Sprachprobleme besondere Unterstützung. Andere Länder zeigen, dass sie schnell aufholen, wenn sie diese Hilfe bekommen."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung" zu Ergebnissen der Pisa-Studie:
"Seit mehr als zwanzig Jahren stellt sich Deutschland alle drei Jahre dem Pisa-Test für Fünfzehnjährige und schneidet jedes Mal schwächer ab. Aufschlussreicher als die Ergebnisse selbst wären Antworten auf die Frage, was andere Länder besser machen. Wie steuert Kanada die Einwanderungen so, dass Schüler mit Migrationsgeschichte nicht selten besser abschneiden als einheimische? Wie sieht die Lehrerausbildung in Singapur aus, und warum sind die Fortbildungen für Lehrer dort so viel effektiver? Es wird Zeit, dass Deutschland seine Teilnahme an Studien reduziert. Vielversprechender wäre es, mehr Geld in Unterrichtsforschung zu stecken und sich an der TALIS-Studie zu beteiligen, die Aufschluss über die Arbeitsbedingungen von Lehrern und Schulleitern in unterschiedlichen Ländern gibt."
"Nordwest-Zeitung" zu Pisa-Studie:
"Viel schlimmer ist allerdings, dass dieser Wert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Tiefpunkt in Deutschland sein wird. Schaut man sich mehrere Parameter an, zeigt sich, dass die Leistung in den nächsten Jahren weiter absacken dürfte. Es ist daher längst nicht mehr die Zeit, plakativ draufzuhauen auf Schüler, Eltern, Lehrer oder die Bildungspolitik der vergangenen Jahre. Wichtiger wäre jetzt Einsicht: Ja, es wurden Fehler gemacht. Ebenso wichtig wäre Einigkeit: dass Veränderungen sofort notwendig sind. Die heute schwächeren Schüler sind die schwächeren Arbeitskräfte von morgen."
"Kölner Stadt-Anzeiger" zur Pisa-Studie:
"Was es jetzt braucht, ist eine konzertierte Aktion und ein Abschied vom föderalistischen Klein-Klein. Ein nationaler Bildungsgipfel wäre ein Anfang. Der Zusammenschluss "Bildungswende jetzt" hat sich mit 150 Verbänden in diesem Jahr mit Demonstrationen in ganz Deutschland außerdem dafür eingesetzt, dass ein Sondervermögen für Bildung von 100 Milliarden Euro - ähnlich der "Bazooka" in der Corona-Krise - aufgelegt wird. Das wäre bitter nötig, wiewohl es in diesen finanzpolitischen Zeiten wohl ein frommer Wunsch bleiben wird."