Der geplante Abriss der Kühltürme des stillgelegten Atomkraftwerks Grafenrheinfeld wurde am Freitagabend durch eine unerwartete Störaktion verzögert. Ein 36-jähriger Mann, der auf einen Strommast geklettert war, wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die Ermittlungen gegen ihn umfassen Vorwürfe wie Nötigung, Hausfriedensbruch und einen Verstoß gegen die Allgemeinverfügung, die für die Sicherheit rund um die Sprengung galt.
Die Sprengung der markanten Kühltürme, die seit 50 Jahren das Landschaftsbild der Region prägten, war für den Freitagabend angesetzt. Doch bevor es zu der geplanten Detonation kommen konnte, kletterte der Mann auf einen nahegelegenen Strommast, was zu einer Verzögerung des Abrisses führte. Laut Polizei handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen Anhänger der Atomkraftbefürworter. Er wurde nach der Sprengung aus dem Gewahrsam entlassen. Die Ermittlungen liegen nun bei der Polizei Schweinfurt und werden von der Staatsanwaltschaft geprüft.
Trotz der Verzögerung konnte die Sprengung schließlich durchgeführt werden. Mit gewaltigem Knall zerfielen die Kühltürme des Kraftwerks in sich zusammen und hinterließen zwei kleinere Schutthaufen. Die Kühltürme, die jeweils 143 Meter hoch waren und einen Durchmesser von etwa 105 Metern aufwiesen, waren seit dem Stilllegen des Kraftwerks im Jahr 2015 ein Symbol für das Ende der Kernenergieproduktion in der Region. Der Rückbau der Anlage, der 2018 begann, wird voraussichtlich noch weitere zehn Jahre in Anspruch nehmen.
Rund 10.000 Schaulustige hatten sich am Rande des gesperrten Sicherheitsbereichs versammelt, um das Spektakel der Sprengung zu beobachten. Die Polizei hatte das Areal weiträumig abgesperrt, und nur Fußgänger und Radfahrer hatten Zugang zu den besonders nahen Beobachtungsplätzen. Etwa 200 Polizisten und 50 Feuerwehrkräfte waren im Einsatz, um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten.
Details zur Menge des verwendeten Sprengstoffs sowie zur Anzahl der gebohrten Löcher wurden aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht. Die zuständige Thüringer Sprenggesellschaft hielt diese Informationen geheim. Für die Sprengung mussten zudem vier von fünf 380-Kilovolt-Hochspannungstrassen abgeschaltet werden, um mögliche Störungen durch Staub zu vermeiden.
Die Sprengung der Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld stellt einen bedeutenden Schritt im Rückbauprozess der Anlage dar. Es war das zweite Mal in Deutschland, dass Kühltürme eines stillgelegten Kernkraftwerks auf diese Weise abgerissen wurden. Die erste Sprengung dieser Art fand im Mai 2020 in Philippsburg statt, allerdings ohne öffentliche Anwesenheit aufgrund der Corona-Pandemie.
Der Abriss der Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld ist ein markanter Moment in der Geschichte der deutschen Energiepolitik. Während die Verzögerung durch die Störaktion den Ablauf der Sprengung beeinflusste, konnte das Spektakel letztendlich wie geplant durchgeführt werden. Die Ermittlungen gegen den 36-jährigen Mann werden nun von der Polizei Schweinfurt und der Staatsanwaltschaft weiterverfolgt.