Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sprach von einem "längst überfälligen Update" für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. "Aus der bisher unbrauchbaren elektronischen Patientenakte für wenige, machen wir zukünftig einen persönlichen Gesundheitsdatenraum für alle", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Damit könnten nicht nur alle behandelnden Berufe relevante Informationen an einem Ort sehen, sondern erstmals auch die Patientinnen und Patienten selbst. "Das schafft endlich Faxgeräte und Aktenordner ab und stärkt Patientenautonomie wie auch Patientenrechte."
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sagte, die E-Akte müsse bei jedem Arztbesuch selbstverständlich zur Behandlung dazu gehören. Wichtig sei, dass sie nutzerfreundlicher werde. So müsse das Einloggen vereinfacht werden. "Wie Patienten es von anderen Apps gewohnt sind, muss die Identifikation auch in der Akte per Gesichts-Scan oder Fingerabdruck möglich sein", sagte Baas. Für Ärztinnen und Ärzte müsse die Akte schnell und komfortabel zu befüllen sein und dürfe nicht zum Zeitfresser in den Praxen werden.
Konkret geht es in zwei Gesetzen um mehr Tempo bei Anwendungen mit praktischem Nutzen für Patientinnen und Patienten. Ein Überblick:
Für digitale Patientenakten soll endlich ein Durchbruch kommen - als ein persönlicher Datenspeicher, der einen ein Leben lang bei allen Ärzten begleitet. Die gebündelten Daten sollen auch Wechselwirkungen von Medikamenten und Mehrfachuntersuchungen vermeiden. Als wählbares Angebot wurden E-Akten schon 2021 eingeführt, bisher hat aber nur etwa ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten überhaupt eine. Erklärtes Ziel sind 80 Prozent bis 2025. Die Regierung schwenkt dafür auf das Prinzip "Opt-out" um: Laut Gesetzentwurf sollen die Kassen breit informieren und bis 15. Januar 2025 für alle automatisch eine E-Akte einrichten - es sei denn, man widerspricht.
Abrufbar sein soll die E-Akte mit bestimmten Identifikationsregeln über Apps der Kassen. Was Ärzte und Ärztinnen einstellen und wer worauf zugreifen kann, soll man selbst festlegen können. Zuerst soll eine Medikamenten-Übersicht nutzbar sein, folgen sollen unter anderem Laborbefunde. Bei Kassenwechsel soll man die Daten mitnehmen können.
Schon länger sind E-Rezepte anstelle der gewohnten rosa Zettel auch über eine spezielle App oder einen ausgedruckten QR-Code einzulösen. Doch ein Start in größerem Stil verzögerte sich mehrfach auch wegen Technikproblemen. Inzwischen gibt es einen einfacheren Einlöseweg, bei dem man in der Apotheke die Versichertenkarte in ein Lesegerät steckt. Per Gesetz soll es nun vom 1. Januar 2024 an für Ärztinnen und Ärzte verpflichtend werden, Rezepte elektronisch auszustellen.
Eigentlich bestand die Pflicht auch schon ab Anfang 2022. Die Praxen sollten sich nun aber umstellen, denn zuletzt waren nicht überall die Voraussetzungen dafür da. Dazu gehört ein Verbindungsgerät für die geschützte Datenautobahn des Gesundheitswesens. Die E-Rezepte werden auf einem zentralen Server gespeichert und beim Einstecken der Kassenkarte wird die Apotheke autorisiert, sie von dort abzurufen. Künftig soll die E-Rezept-App auch in Kassen-Apps integriert werden.
Vorankommen soll auch die Forschung mithilfe von Gesundheitsdaten. Dafür soll ein Gesetz ermöglichen, an einer zentralen Zugangstelle Daten verschiedener Quellen zu verknüpfen - etwa aus Krebsregistern und von Kassen. Dabei sollen Daten verschlüsselt (pseudonymisiert) werden. Für Daten, die in E-Patientenakten liegen, ist wieder ein Opt-out-Modell geplant: Sie sollen also zunächst eine Einstellung für "Datenspenden" zu Forschungszwecken bekommen, die man ablehnen kann.