
Da geht es zunächst um Inhalte – wie etwa nach dem Urteil, das vor ein paar Tagen in derselben Stadt erging, jene 60 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds besorgt werden sollen, die nun auf einen Schlag fehlen. Das Problem hat einmal mehr der zuständige Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, der bereits am Donnerstag ans Rednerpult treten wird. Kontroversen sind in diesem Fall jedoch eher nicht zu erwarten.
Das ist bei der Migrationspolitik anders. Dieses Thema bewege einen Teil der Partei sehr, heißt es in Führungskreisen. Dieser Teil hatte bereits mit dem Ja von Außenministerin Annalena Baerbock zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) im Juni Schwierigkeiten, das Asylverfahren an den Außengrenzen der Europäischen Union vorsieht. Das Pro und Kontra wiederholt sich jetzt mit Blick auf das Gesetz über die Erleichterung von Abschiebungen, für das eine Mehrheit in der Bundestagsfraktion dem Vernehmen nach nicht gesichert ist.
Erst Ende voriger Woche gab der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium und Queerbeauftragte Sven Lehmann eine persönliche Erklärung zur Einstufung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten ab. Dort seien die Rechte von Schwulen und Lesben nicht garantiert, teilte er mit.
Überhaupt zeigen sich die Grünen schon im Vorfeld des Parteitages erneut sehr diskussionsfreudig. Zwar stellte die Politische Bundesgeschäftsführerin Emily Büning am Montag klar: "Wir übernehmen Verantwortung für dieses Land und seine Menschen. Das tun wir jeden Tag." Dies war nicht zuletzt als Ermahnung zu verstehen.
Freilich gibt es einen Brandbrief, den Berichten zufolge bis zuletzt fast 1000 Mitglieder unterschrieben haben. Darin beklagen Basis-Vertreterinnen und -Vertreter zu viele Kompromisse der Entscheidungsträger und zu wenig Einbindung der unteren Ebenen. Überdies sind zum Entwurf des Europawahlprogramms 1480 Änderungsanträge eingegangen. Die meisten von ihnen dürften mithilfe modifizierter Übernahmen vorab abgeräumt werden. Doch Co-Parteichef Omid Nouripour weiß: "Wir haben eine sehr vitale Mitgliedschaft."
Schließlich stehen Personalentscheidungen an. Nein, bei der Wahl der Parteispitze dürfte es keine Überraschungen geben. Das Spitzenduo Lang/Nouripour ist unangefochten, wenngleich Nouripour mit Philipp Schmagold aus Schleswig-Holstein einen Gegenkandidaten hat. Schmagold ist einer aus der überschaubaren Zahl von Grünen-Rebellen, die sich seit Jahren bei jedem Parteitag sehr effektvoll in Szene setzen können, weil aus Bundesvorstand und Bundestagsfraktion kaum mehr offener Widerspruch laut wird.
Die Grünen werden von allen Seiten unter Beschuss genommen. In der Flüchtlingspolitik steht die Partei erneut vor der Frage, wie sie ihren Prinzipien treu bleiben kann. Die Vorsitzende Ricarda Lang gibt sich dennoch optimistisch. Sie sagt: "Die Nische ist nicht unser Platz."
Gerangel wird es – unterhalb der als gesetzt geltenden Nummer eins, Terry Reintke – allerdings bei der Aufstellung der Europaliste geben. Bei der Europawahl 2019 schnitten die Grünen mit 20,5 Prozent sensationell ab. Sie waren seinerzeit regelrecht euphorisch. Beim Urnengang Anfang Juni dürfte die Partei nach einer Reihe von Rückschlägen jedoch 5 Prozentpunkte oder gar mehr einbüßen. Und über den Daumen gepeilt gilt: Ein Prozentpunkt bringt ein Mandat. Daraus folgt: Nur wer auf den ersten 15 Listenplätzen landet, hat eine Chance.
Omid Nouripour zeigte sich am Montag trotzdem sicher: "Das wird ein schöner Parteitag." Es könne nur sein, fügte er hinzu, dass die Teilnehmer ein bisschen Ausdauer bräuchten.